Keine einzige Kilowattstunde mehr an erneuerbarer Energie erbrachte das Partnerjahr der Stadt Bonn mit Eurosolar. Dabei sonnt sich Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan so gerne im Lichte internationaler Organisationen im Bereich der Erneuerbaren Energie. Er ist sogar Vorsitzender der Weltorganisation ICLEI – Local Governments for Sustainability.
ICLEI ist ein globales Netzwerk von mehr als 1.750 lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die sich für eine nachhaltige Stadtentwicklung einsetzen. Es ist in mehr als 100 Ländern aktiv und beeinflusst nach eigener Darstellung die Nachhaltigkeitspolitik und setzt sich vor Ort für eine emissionsarme, naturnahe, gerechte, belastbare und zirkuläre Entwicklung ein. Sie hat ihren Sitz in Bonn. Gerne verweist die Stadt auf solche Organisationen und suggeriert, dass Bonn ja führend in Sachen Erneuerbarer Energie sei. Dazu passt, dass die Stadt Bonn 2018 mit der ebenfalls in Bonn ansässigen Organisation Eurosolar, der Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien, eine Jahrespartnerschaft vereinbARTE. Am 22.02.2018 gab es zum Auftakt einen gemeinsamen Empfang der Stadt Bonn mit EUROSOLAR.
im Alten Rathaus. in Redebeiträgen und einer Podiumsdiskussion stand die Frage im Mittelpunkt, wie Städte und Kommunen von einer echten Energiewende profitieren können. Oberbürgermeister Ashok Sridharan dankte dem Verein für die seit drei Jahrzehnten geleistete Arbeit und erklärte: „Wir möchten die Jahrespartnerschaft dazu nutzen, die Bonnerinnen und Bonner noch mehr für das Thema zu sensibilisieren. Denn auch wenn sich in Bonn bei diesem Thema schon viel getan hat, um den Klimawandel zu stoppen, müssen wir unsere Anstrengungen vervielfachen.“ Doch tatsächlich ist die Bonner Bilanz in Sachen Energiewandel recht übersichtlich.

Von Sridharan nur leere Worte

Es gab zwar einige wichtige Konferenzen in Bonn – aber bis auf eine einzige Tagung hätten diese Begegnungen auch ohne die Partnerschaft stattgefunden – nur eben nicht unbedingt in Bonn.
Bonns Jahrespartner Eurosolar erklärte auf meine Anfrage: „Wir sind, soweit ich das beurteilen kann, recht unvoreingenommen in das Partnerschaftsjahr gegangen und haben uns in erster Linie über die zusätzliche Aufmerksamkeit gefreut. Von unseren Veranstaltungen hätten alle auch ohne die Partnerschaft stattgefunden; allerdings wäre der Europäische Solarpreis (ESP) in einer anderen Stadt verliehen worden. Was allerdings ohne die Partnerschaft nicht zustande gekommen wäre, ist die Praxiswerkstatt solare Stadt, auf die ich bereits hingewiesen habe. Wir sind gespannt, wie hier das Feedback und die Ergebnisse ausfallen werden“
Von der Stadtverwaltung wollte ich außerdem wissen, ob und wie sich die Partnerschaft mit Eurosolar auf den Ausbau von Photovoltaik in Bonn und besonders auf städtischen Gebäuden ausgewirkt hat: “In 2018 wurden keine neuen Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern errichtet.“ Und: „Seit 2016 wurden keine neuen Anlagen installiert, aber Planungen für 12 weitere Installationen auf den Weg gebracht.“ Also Null Ausbau.
Ich habe die Korrespondenz mit der Stadt einem der Bonner Fachleute und Aktivisten in Sachen Erneuerbarer Energie, Herbert Hoting, vorgelegt.
Sein Kommentar: „Mehr Schein als Sein” ist die Devise der Stadt Bonn beim Thema Erneuerbare Energien. In seiner Eröffnungsrede für die Partnerschaft mit EUROSOLAR am 22.02.2018 kündigte Oberbürgermeister Sridharan an, diese Partnerschaft zu nutzen, um noch stärker in der Öffentlichkeit für Erneuerbare Energien zu werben. Drei Tage vorher erschien ein ausführlicher Bericht im GA, in dem die Stadt Bonn vorrechnet, dass der Betrieb einer Solarstromanlage ein Minusgeschäft ist. Das Signal an die Bonner Bürger ist eindeutig: ‘lasst die Finger von PV-Anlagen, es lohnt sich nicht.’ Protest aus der Fachwelt gegen diese absurde Kalkulation blieb nicht aus, die Stadt lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und bleibt bis zum heutigen Tag bei ihrer Aussage, dass die Berechnung damals richtig war. Damit beteiligt sie sich am Ausbremsen der Erneuerbaren Energien, wie es die Bundesregierung seit Jahren vormacht.“

Hoting weiter: „Tatsache ist: in den letzten zweieinhalb Jahren, wahrscheinlich noch länger, ist keine einzige PV-Anlage auf einem städtischen Gebäude installiert worden, obwohl massenhaft Dachfläche kostenlos zur Verfügung steht. Zu einer wahrheitsgetreuen Öffentlichkeitsarbeit gehört es, den Bürgern gegenüber die Gründe dafür darzulegen. Dazu ist die Stadt offenbar nicht bereit – der schöne Schein soll nicht getrübt werden.”

Energiewende ohne Energieversorger?

Auf meine Frage, inwieweit die Stadtwerke Bonn in die Jahrespartnerschaft zwischen Bonn und Eurosolar involviert war, stieß ich in der SWB-Pressestelle auf Unkenntnis. Man hatte „davon gehört“, war aber in keiner Weise beteiligt. Da könnte man auf den Gedanken kommen, dass dieser Dampfplauderer und Windmacher Sridharan gar nicht am konkreten Ausbau der Erneuerbaren Energie in Bonn interessiert war und ist. Hätte er sonst nicht die, die in Bonn den Großteil der Energieversorgung bewerkstelligen, direkt einbeziehen müssen?
Nun scheint etwas Bewegung in die Bonner Energiestarre zu kommen. Herbert Hoting zufolge scheint das Thema “PV-Anlagen auf öffentlichen Dächern für einige Unruhe in die Verwaltung gesorgt zu haben.“ Die Stadt sei eifrig dabei, zu erklären, „was sie demnächst auf diesem Sektor machen will und kündigt Projekte für die Zukunft an.“ Doch Hoting findet, auch hier sei festzustellen: „viel zu spät, viel zu wenig, und vor allem – viel zu unverbindlich.“ Bleibt zu hoffen, dass ein neuer Oberbürgermeister oder eine Oberbürgermeisterin ab Herbst nächsten Jahres für mehr Sonnenenergie in Bonn sorgt. Denn eines ist sicher, mit Ashok Sridharan kann man zwar besonders international viel Wind machen – aber zu Hause in Bonn bringt dessen Amtsführung nur heiße Luft statt frischen Wind – oder Sonnenenergie.