und: Schädlingsbekämpfung auf dem Wohnungsmarkt
Zuletzt hat es sich eingebürgert, dass Innenpolitiker*innen sich begeistert zur Überführung von Verbrecher*inne*n durch Videoüberwachung äusserten. In Bonn müssen sie sich gegenüber dem General-Anzeiger sogar schon rechtfertigen, wenn sie Teile eines Bahnsteiges nicht permanent filmen. Billiges Pfeifen im Wald. Was nützt es mir denn, wenn mein Geschubstwerden auf die Schienen gefilmt wird? Bin ich danach weniger tot? Oder schmerzt es dann weniger, wenn mich jemand verprügelt hat? Wachsen gefilmte gebrochene Knochen besser zusammen? Sind die Täter*inen nicht vielmehr stolz, wenn ihre Heldentaten verbreitet werden?
Es ist eine alte Polizeiweisheit, die aber der Propaganda schadet: ein Sicherheitsgewinn ist nur erreichbar, wenn vor dem Monitor echte Menschen sitzen, in Echtzeit, und nur geringster Entfernung. Nur wenn es eine Chance für sofortiges menschliches Eingreifen gibt, ist ein Schutz denkbar.
Noch blöder, wenn Videoaufnahmen von den “Sicherheitsbehörden” in einer Weise missbraucht werden, wie bei den nun schon dreijährigen Ermittlungen zahlloser Parlamentarischer Untersuchungsausschüsse zum Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz zu Weihnachten 2016. Nun soll es Videoaufnahmen geben, die den mutmasslichen (erschossenen) Täter Anis Amri zur Tatzeit an ganz anderen Orten als dem Tatort zeigen – ein Videoüberwachungsalibi? Nur “gut” oder “schade”, je nach Standpunkt, dass der Herr Amri dazu nicht mehr selbst stellungnehmen kann.
Denkbar ist selbstverständlich genau so, dass es in drei Jahren sogar in der Digitalwüste Deutschlands und seinen “Sicherheitsbehörden” Leute gab, die in der Lage waren, den “Zeitstempel” solcher Videoaufnahmen zu fälschen. Oder den Herrn Amri in die Bilder reinzufummeln. Wichtig ist nur, wer die Verfügungsmacht über die Videos hat. Und das sind jedenfalls nicht die Parlamentsausschüsse. Ich habe hier zu dem Thema schon genug geflucht. Denken Sie dazu, was Sie für richtig halten.

Die Drachen auf dem Wohnungsmarkt

“Zuviel Panzer, zuwenig Hirn” wurde einst in der Friedensbewegung gewitzelt. Die Ungeheuer auf dem Wohnungsmarkt haben leider nicht zuwenig Hirn. Nein, das haben sie sich zusammengekauft. Und sich auf diesem geldwäschefreundllichen Markt ein System sicherster Extraprofite gesichert. Das lockt immer weitere unerschöpfliche Kapitalströme an, die die Preise weiter aufblasen und für immer mehr Menschen unbezahlbar – und unbewohnbar – machen. An Hirn mangelt es dagegen der demokratischen, politischen Öffentlichkeit, die durch die neoliberale Politik diversester Regierungen heute weitgehend entwaffnet dasteht, mittlerweile zur Notwehr gezwungen ist. Hier die Bestandsaufnahme von Werner Rügemer/Freitag.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net