Ein Virus und die sog. “Elite”
Sonntag war ich bei meinem Arzt. Ich hatte nichts, nur zum Frühstücken. Natürlich habe ich nach dem “neuen Virus” gefragt. Er erklärte mir als Nichtfachmann: “Ist so ähnlich wie eine normale Grippe”. Was ich immerhin von ihm in 21-jähriger gemeinsamer WG-Zugehörigkeit gelernt habe, war, dass eine “Grippe” sich unterscheidet von dem, was wir alle schon oft als “Grippe” gehabt haben: Husten, Schnupfen, erhöhte Temperatur, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit sind – meistens – nur ein “grippaler Infekt”. Grippe dagegen kann gefährlich, und sogar kriegsentscheidend sein.
Fakten sind jedoch nur eine Nebensache, wenn es um Politik, Business und Spindoktoren-Arznei geht. Die Berichterstattung aus China leidet darunter, dass hiesige Medien mehr oder weniger verzweifelt nach Fehlern und Schandtaten der chinesischen Regierung suchen – wäre es doch wie immer ein Beweis, wie schöner es sich in unserer vorgeblich so freiheitlichen Demokratie leben lässt. Dabei wäre der Aufwand in meinem Fall gar nicht nötig. Dennoch wird er getrieben, weil er sich lohnt. Sendestrecken, Onlinemedien und asoziale Netzwerke werden mit dem Virusthema geflutet, als gäbe es kein morgen mehr. Immer mit der Botschaft: “Ruhigbleiben! Keine Panik!”, aber dem gegenteiligen Effekt. Es ist nicht der Inhalt, sondern die Form des mit derartigen Nachrichten vollgeschissenwerdens, die Panik gebiert. Eine Kassiererin in meinem Edeka zog sich heute schon Plastikhandschuhe an; das kannte ich bisher nur von meiner Zahnärztin.
Florian Rötzer/telepolis kommt in seinem Text zum Virus ganz zwangsläufig auf diese Dialektik. Es kommt zur Verschärfung des Problems noch hinzu, dass Regierungen und Konzernstrateg*inn*en der asozialen Medien sich steuernd an der Manipulation des Kommunikationsstroms versuchen, weil sie es ja besser wissen, als wir da draussen: was unser Hirn verträgt, und was nicht. Sie wollen “Verschwörungstheorien” – angeblich – bekämpfen; tatsächlich ist es das beste Züchtungsprogramm. Ist diese Art “Elite” also so gerissen, versteht sie diese Dialektik so schlau, dass sie diese Verwirrung bewusst wollen, um die Menschen von sinnvollem Engagement abzuhalten? Oder sind sie einfach nur doof?
Für Letzteres spricht zumindest ein einzelnes Exemplar deutscher Medienelite, eine ausgewachsenen Direktorin einer “Landesmedienanstalt”, in diesem Fall die von Bremen (nicht die Familie, die so heisst, aus der u.a. Soap-Darstellerinnen kommen, sondern die Kleinstadt in Norddeutschland). Ich habe selbst mal dem Kontrollgremien so einer Landesanstalt angehört (in einem richtigen Bundesland NRW), und bin wirklich nicht vollständig von der Existenznotwendigkeit dieser aufwendigen Anstalten überzeugt (ausser diese). Aber doch, was Boris Rosenkranz/uebermedien da ans Licht fördert, das kann selbst mich noch überraschen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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