Wundersame Bahn XLIX
Köln Hauptbahnhof, kurz vor 23.00 Uhr. Die große Anzeigetafel in der Haupthalle ist noch immer gut gefüllt, wartende Fahrgäste, die zwischen sorgenvoll und mißmutig ihre Köpfe recken, um die immer wieder interessanten Zusatzinformationen zu den einzelnen Zügen auf der großen Anzeigetafel zu lesen. Kaum eine Zuganzeige ohne Begleittext. Die umgekehrte Wagenreihung bei Fernzügen ist die harmlose Variante. Verspätungen und Ausfälle gibt es mehr als pünktliche Abfahrtzeiten.
Die Züge nach Bonn, der RB 48 um 23.36 Uhr nach Remagen und der RB 23.56 Uhr nach Bonn-Mehlem kamen in Frage.
Aber leider – laut Anzeige – nur theoretisch. Denn der RB 48 fällt aus, wegen Baustelle oder vielleicht auch weil es nachts draußen dunkel ist. Egal. Die DB empfiehlt den RB 26 um vier vor zwölf zu nehmen. Ok mal schauen ob der pünktlich kommt. Nein – auch da gibt es einen Text der lautet – der “Zug entfällt”.
Hm.. warum verweist mich die Bahn bei einem Zug, der ausfällt auf einen weiteren Zug – der ausfällt?
Dieser Frage möchte ich nachgehen und stelle mich in die Warteschlage vor dem Informationspunkt. Ich stelle mich in die Schlange, habe ja Zeit, ich wARTE ja schließlich auf Züge die wahrscheinlich beide nicht fahren, habe also Zeit. Der freundliche Mann am Informationspunkt spricht knapp und präzise: “Der Zug um 23.56 Uhr soll fahren.” Das ist mir zu vage. Ich finde aber einen Zug, der mir noch besser passt, um 23.38 Uhr nach Bonn-Oberkassel. Den wollte ich eigentlich nicht nehmen, weil ich dann noch vom Bahnhof nach Hause über einen Kilometer gehen muß. Es ist Nacht und ich bin müde, möchte lieber zum Hauptbahnhof fahren und von dort – mit der Straßenbahn 66 oder 62 bis quasi hinter unser Wohnhaus fahren. Da habe ich weniger als 100 Meter von der Haltestelle aus.
Also auf zu Gleis 3. Der Zug fährt nach DB-Kriterien “pünktlich” ein – mit fünf Minuten Verspätung. Im Zug lerne ich eine chinesische Pharmazie-Studentin kennen, wir reden über Pünktlichkeit von Zügen. Ich erwähne, dass sich in Japan Zugchefs bei den Fahrgästen entschuldigen müssen, wenn ihr Zug auch nur fünf Minuten Verspätung hat. Sie entgegnet “das ist in China” auch so. Hier ist aber nicht Beijing sondern mittlerweile Köln-Deutz. Mir fällt ein, dass Adenauer bei seinen Reisen hier bereits die Jalousien am Zugfenster herunterließ, denn “hinter Deutz beginnt Sibirien” soll er gesagt haben. Egal. Lange her. Ich will jetzt nach Hause….
Die junge Studentin befragt ihr Smartphone. Sie ist ärgerlich, unser Zug soll erst um 0.14 h in Beuel ankommen, genau dann fährt die für diesen Abend letzte Straßenbahn 62 vom Bahnhof Beuel nach Bonn. Das heißt rumstehen und warten, es ist nasskalt, kein schönes Warte-Wetter. Auch sie ist müde, will möglichst schnell nach Bonn. Neben uns, auf der anderen Seite des Durchgangs, sitzen vier Studenten, die auch nach Bonn wollen.-
Ich rufe die SWB an, werde mit einem freundlichen Menschen in der Leitstelle verbunden. Ihm schildere ich die Situation, dass der Zug mit rund fünf Minuten Verspätung in Beuel ankomme, aber zu diesem Zeitpunkt die 62 bereits losfahre. Die Fahrgäste würden also nur noch die Rücklichter sehen, wenn die 62 pünktlich los führe. Meine Bitte – die 62 etwa eine Minute warten zu lassen – wird erhört. Vorher erkundigt sich der Mann von der Leitstelle noch, ob es mehrere Personen betreffe. Dies bestätigte ich. Er verspricht nachzufragen und ruft nach wenigen Minuten zurück. Ja, die 62 würde warten und er bittet mich, dem Fahrer Bescheid zu sagen, bevor ich einstiege. Das gebe ich so weiter, die Studenten versprechen mir, den Fahrer zu informieren. Denn ich fahre ja selbst weiter nach Bonn-Oberkassel.
Die anderen Fahrgäste bedanken sich und fragen, wie ich das denn gemacht hätte…
Auch das ist die SWB: freundlich, kundenorientiert und hilfsbereit.
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