Der Dampfer CDU hat in Thüringen vor zwei Wochen ein Hindernis gerammt, das ihr die AfD direkt in den Kurs geschleppt hatte. Kapitänin Merkel war die einzige, die, obwohl nicht an Bord, sofort gemerkt hat, dass es ein massiver Eisberg war, den die CDU da gerammt hat. Als Steuerfrau AKK noch glaubte, durch eine leichte Kurskorrektur ein Leck vermeiden zu können, denkt, wie einst auf der Titanic, die thüringische und die Berliner Besatzung, dass sie auf einem unsinkbaren Schiff fahren. In Wirklichkeit hat der Eisberg der AfD den Rumpf der CDU unter der Wasserlinie auf halber Schiffslänge aufgerissen. Das Kanzlerwahlschiff hat begonnen, Wasser zu nehmen und beginnt zu sinken. Wie die Titanic, schön langsam mit dem Bug voran. Unten wartet schon die SPD.
Die Kommandobrücke hat davon noch nichts gemerkt. Dort führt die zurückgetretene Steuerfrau Personalgespräche für ihre Nachfolge, die Reederei zählt vier Bewerber um die Kapitänsnachfolge. Derweil treibt die CDU steuerlos auf Geisterschiffkurs des Totalitarismusdogmas in Äquidistanz zu Linker und AfD weiter. Nach der Kollision warf ihnen vor zwei Tagen der ehemalige Linke Ministerpräsident Ramelow einen Rettungsring zu – Christine Lieberknecht war bereit, bis zu in 70 Tagen anberaumten Neuwahlen eine verkleinerte technische Regierung zu bilden.
Mit einer Zustimmung hätte die CDU-Besatzung aus Thüringen sich vielleicht die einzige Chance auf möglichst viele Plätze im Rettungsboot eröffnen können. Stattdessen begannen die erbärmlich um ihre Landtagsmandate zitternden CDU-Abgeordneten ein peinliches Schachern um Monate, um mit allerlei vorgeschobenen Argumenten eine schnelle Klärung der politischen Situation durch die Wählerinnen und Wähler hinauszuzögern. Dabei fürchten sie einzig und allein, die Zahl der CDU-Sitze könne halbiert werden. Nicht das Land, sondern Eigeninteresse steht für jeden offensichtlich im Vordergrund.
So beschleunigt die CDU Thüringens derzeit an vorderster Stelle den Untergang der Union als Volkspartei. Direkt dahinter kommt die Berliner CDU-Spitze mit ihrem Totalitarismusdogma. Wer Linke und faschistische AfD gleichsetzt und jede Kooperation ausschließen will, handelt in beharrlicher Realitätsverweigerung. Wer sehenden Auges in Kauf nimmt, damit einen Ausweg aus der Krise in Thüringen zu versperren, statt sich mit dem beliebtesten Politiker des Landes vernünftig zu einigen, macht sich selbst zum Spielball der AfD. Und macht sich daran mitverantwortlich, wenn der Landtag ein weiteres mal zum Kasperletheater der Nazis herabgewürdigt werden sollte, wie es Höcke und seine Spiessgesellen weiter planen. Lieberknecht hat heute verständlicherweise diesem Unsinn eine Absage erteilt. Sie stehe nur für den Vorschlag Ramelow zur Verfügung, war von ihr zu vernehmen. Aber nicht für ein taktisches Zeitspiel, wie es die CDU-Fraktion plant. Dessen Folgen werden sich nicht auf Thüringen beschränken. Schon bei der bevorstehenden Wahl in Hamburg werden sich die ersten Auswirkungen zeigen.
Lieber Roland, brilliant und ich habe noch nicht geschrieben: Deine Kommentare zur täglichen Politik: mehr als lesenswert, Wann bist Du mal wieder in Berlin? Beste Grüße Doris