Franz Kafka, hier schon Extradienst-Gastautor, hätte es sich vielleicht ausdenken können, was Thomas Moser/telepolis in Berlin erlebt hat. Moser hat gerade Zeit, weil Untersuchungsausschüsse zu NSU-Verbrechen oder dem Berliner Attentat von 2016 derzeit stillgelegt sind. Und dass Berliner Polizisten wenig Ahnung von Verhältnismässigkeit haben, ist bekannt; und dass sie das mit der Bundesregierung zunehmend gemeinsam haben – das ist eine längere Geschichte.
Das von Moser beschriebene Geschehen ist einerseits zum Schmunzeln. Die ernste Seite: die Demonstrant*inn*en sind Avantgardist*inn*en in der Verteidigung unserer Bürgerrechte. Sie legen offen, wie viel auf dem Spiel steht, was im Schatten vorgeblicher Seuchenbekämpfung alles an Demokratie und Rechtsstaat abgeräumt wird, wenn “wir” “sie” einfach weitermachen lassen. Es soll ja auch hierzulande Leute geben, die eine Orban- (oder nach Wahl auch Xi Jinping-)artige Umwälzung unserer Republik gar nicht so schlecht fänden. Eine reaktionäre Minderheit zweifellos. Aber handlungsfähiger, als die demokratische Mehrheit.
Was in dem Tagesschau-Bericht als “Reporter-ohne-Grenzen”-Kritik an Ungarns Innenpolitik geäussert wird, das ist auch einer Petition passiert, die am Ende des telepolis-Berichts von Thomas Moser verlinkt ist. Der Betreiber OpenPetition hat sie mit der Begründung des Tagesschau-Faktenfinders (Sic!) gesperrt (Sachstand nachmittags). Ist es schon so weit? Ich hätte mich gerne selbst davon überzeugt, ob es Unsinn war … Es bestätigt meinen Verdacht, dass es sich bei solcherart Plattformen, egal wie sie sich PR-strategisch politisch zu verorten versuchen, um getarnte Datendealer handelt.

Mani Breuckmann und Jürgen Roth/Junge Welt

Gibt es einen Kollateralnutzen? Im Fußball halten das Mani Breuckmann, Radioreporter-Ikone und S04-Fan, und Jürgen Roth, deutscher Meister im Beschimpfen publizistischer Nervensägen, für möglich. Beim Gespräch so denkender Menschen wäre ich gerne dabei gewesen. Zur Ausgewogenheit lesen Sie nach dem Blauen-Fan Mani hier Friedrich Küpperbusch/taz, den BVB-Fan. Lesenswert auch in der Jungen Welt ein Interview mit einem Stuttgarter Ultra.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net