Gestern musste ich sie tatsächlich anhören. Mein Gastgeber hatte ein US-Kabelabo, und kann via Internetaccount Bundesligaspiele ohne Sky-Abo sehen. Als BVB-Fan benötigte er meinen Beistand. Das Spiel der Gespenster auf dem Rasen machte die aseptische deutsche Fußballmeisterschaft heute noch langweiliger, als sie sowieso schon ist. Das Bemerkenswerteste war die Gespenstertonspur.
Irgendwo sitzt irgendeiner an irgendwelchen digitalen Tonreglern, und spielt gespeicherte Tonspuren der Gelben Wand aus dem Westfalenstadion ein. Beständig singt sie BVB-Lieder, um bei Ballbesitz der Gäste ein gut vernehmbares Pfeifkonzert anzustimmen. Warum tun die vom Bezahlfernsehen das? Weil sie wohl nicht zu Unrecht fürchten, dass die Akustik eines Kreisligaspiels (oder eher -trainings) das Publikum, verbunden mit dem Geschehen auf der Spielfläche, nicht wirklich zufriedenstellen kann. Da dürften sie rechthaben.
Im Juni will nun die Vereinigung der Gespenster, die DFL, die TV-Senderechte für weitere drei Spielzeiten versteigern. sie erhofft sich aufgrund des Interesses mehrerer globaler Megakonzerne (Amazon, Apple, Disney, Telekom, Alibaba u.v.m.) ansehnliche Mehrerlöse. Nur leider: das Produkt Gespensterfussball gibt das beim besten Willen nicht her. Wenn Fake-Töne eingespielt werden müssen, wirkt das wie eine überdrehte Filmmusik, weil das Filmgeschehen halt auch nichts hergibt.
Wenn also ein Megakonzern (oder mehrere) die TV-Rechte dennoch ersteigert, dann geht es wohl kaum um die Profitabilität dieses Deals. An der wird es an allen Ecken und Enden mangeln. Dann geht es dem entsprechenden Konzern in erster Linie um seinen Imagetransfer und seine Markenbildung (Branding) in Deutschland. Wer kann sich das leisten?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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