mit Update nachmittags: “Zum Weiterlesen”
Das Wörterbuch nennt als Synonyme: “kritische Zweifel, Bedenken, Misstrauen [bestimmtes Verhalten]; Zurückhaltung”, Eigenschaften und Verhaltensweisen, die einer Demokratie nur guttun können. Nach meinem Gefühl gibt es derzeit Versuche im öffentlichen Diskurs, diese Begrifflichkeit auf Rechts zu drehen. Das ist bekämpfenswert.
Den Anstoss zu diesem Gedanken gab mir dieses Interview aus der heutigen DLF-Religionssendung “Tag für Tag”. Der gutgemeinte Widerspruch gegen Islam- und Menschenfeindlichkeit macht es sich selbst schwer, indem er unausgesprochen eine Linie von der Skepsis zur Feindlichkeit zieht. Ich persönlich bin gegenüber jeder Religion, auch dem Islam, skeptisch. Allzu häufig wird sie von Demagogen und Despoten – in der Regel Männer – miss- und gebraucht, um Menschengruppen gegeneinander aufzuhetzen, und auf diese Weise den Kern der jeweiligen Herrschaftssysteme zu stabilisieren – auch wenn es auf dem Fundament von Leichen ist. Daher meine Skepsis, aus Menschenfreundlichkeit.
Wer Skepsis gegenüber der herrschenden Coronapolitik hat oder gar äussert, muss wahlweise befürchten als irre oder rechts gelabelt zu werden. Viele halten darum bereits lieber die Klappe. Verheerend: weitere Diskursräume werden so für die Rechten freigeräumt.
Murdochs Fox freut sich schon darauf, in solche Räume in Europa vorzustossen. Sollte Trump die Wahl verlieren, wird erwartet, dass er sich selbst meistbietend als Hetzer an solche Medienkonzernketten versteigert. Obwohl: wenn er sie gewinnt, wahrscheinlich erst recht.
Ist überhaupt noch Skepsis gegenüber der Bundesregierung zulässig? Selbstverständlich ist es das. Hierzulande haben wir diese Freiheit. Aber wie werde ich dann von den – noch – herrschenden Medien gelabelt? Gestern Abend wurde bei Anne Will schon mal geübt. Wäre Frau Dagdelen nicht dabei gewesen – hätte es dann Trittin erwischt, dessen Ausfallschritt gegen russische Oligarchen in der deutschen oder Londoner Immobilienwirtschaft ich ausdrücklich unterstütze? Oder den Willy-Brandt-Erben Norbert Walter-Borjans? Zu Willy Brandt meinte Küppi/taz heute ganz richtig: “Brandt machte seine bahnbrechende Ostpolitik mit dem Weltklasseschurken Breschnew, ein Neostalinist aus dem Diktatoren-Leistungskurs, der Putin noch viel Nachhilfe geben könnte. Wer sich heute unter dem Claim ‘Wandel durch Annäherung’ gen Osten wagt, ist politisch tot und ‘Putinversteher’. Es ist eine Katastrophe in der Katastrophe – dass die Mäßigung den Extremisten überlassen wird.”
Sollen ohne Beweise, auf der Basis von “dafür viele Hinweise” geostrategische Entscheidungen gefällt werden? Walter-Borjans äussert sich dagegen. Doch wer genau stellt noch mal den Aussenminister? Demokratische Politiker*innen haben die Aufgabe, Militär, Polizei und Geheimdienste zu kontrollieren – sie sollen die Demokratie verteidigen und sichern, nicht sie gefährden. Wenn dieses Verhältnis umgekehrt wird, diese Dienste also die Politiker*innen führen und kontrollieren, wird eine Grenze überschritten. Dann ist Gefahr in Verzug. Die in Berlin müssen zuvörderst diesen Verdacht ausräumen. Am besten mit Beweisen.
Zum Weiterlesen: Kai Ehlers zu Russland/Putin, Mathias Bröckers zur Corona-Politik (kein Leugner, aber Skeptiker), Hans-Jürgen Arlt/bruchstuecke zum zukünftigen Stellenwert von Arbeit.
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