Seesslen zu Trump / Rossmann zu Geldfälschung (nur it. Lire) / Pop-Archäologie: Joni Mitchell

Viele wollen oder können nicht verstehen, warum dieser Trump von so vielen Millionen gewählt, gar wiedergewählt wurde. Wie kann das sein? Die kompakteste Erklärung finden Sie bei Georg Seesslen, der Spitzenkraft des deutschen Kolumnismus, nicht so amüsant wie Küppi, aber genauso klug, und noch besser schreibend.
Er zitiert Marx: „Die ‚Idee‘ blamierte sich immer, soweit sie von dem ‚Interesse‘ unterschieden war.“ Und dreht ihn klassisch dialektisch um: „Das ‚Interesse‘ blamiert sich oft, wenn ihm die Idee in die Quere kommt. Insofern sich als ‘Idee’ eine Abbildung tieferer Leidenschaften verstehen lässt: Begehren, Hass oder Angst.“ Ebenso mit dem bekannten Clinton-Bonmot: “It’s the economy, stupid!” – “It’s the stupidity, economist! Das (ökonomisch-egoistische) Interesse erzeugt unter Druck eine so fundamentale Form der Dummheit, dass sie sich sogar gegen das eigene Interesse wendet…. Man könnte also neben der Spur des Geldes auch der der Angst folgen. … Die halbfaschistischen Hampelmänner dieser Welt machen es vor, wie gut man das Interesse in der Ideologie und die Ideologie im Interesse verbergen kann, wenn es nur gelingt, Gier und Angst in ‘Überzeugung’ zu verwandeln.” Das ist grosser Kolumnismus.

Der sizilianische Geldfälscher

Kennen Sie Paolo Ciulla? Ich auch nicht. Aber Andreas Rossmann/FAZ, der nun als Pensionär, sicher gerne mehr als derzeit möglich, zwischen Sizilien und dem norditalienischen Köln pendeln würde. Er stellt das Buch von Maria Attanasio vor “Der kunstfertige Fälscher”, das es schon 13 Jahre gibt, aber erst jetzt in deutscher Übersetzung. Grossartig.

Joni Mitchell

Die Biografie von Roberta Joan Anderson aus Fort Macleod, Alberta wird als Pionierin der Frauenemanzipation in die Popgeschichte eingehen. Der profane Mist, mit dem sich eine Judith Holofernes heute immer noch herumschlagen muss, juckt Frau Anderson/Mitchell nicht mehr. Sie ist letzte Woche 77 geworden, und kann noch selbst befragt werden, wie schön für sie und uns. So ist es also gelungen, unveröffentlichte Frühwerke ihres Schaffens dem Einstauben zu entreissen, und schon zu ihren Lebzeiten auf den Markt zu bringen. Wunderbar!
In schnelllebiger Zeit entsteht ein neues Fachgebiet: die Pop-Archäologie. Dieser ARTE-Film letztens war schon ein Indiz für diese neue Marktnische.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net