Real existierender Kapitalismus

Nach der Trump-Abwahl hoffen einige Wohlmeinende, dass es politisch einsam um Jair Bolsonaro werden könnte. Schön wärs. Er ist definitiv ein schwerer Verbrecher, allerdings nicht nur von Trump abhängig, sondern auserwählt und getragen von einem Bündnis aus Militär, Agroindustrie und Evangelikalen. Nur weil Trump – hoffentlich bald – weg ist, sind die nicht weg, sondern tragende Säule der gegenwärtigen Herrschaftssysteme- Susanne Aigner/telepolis hat aufgeschrieben, wie diese Kräfte mglw. die Grundlagen menschlichen Lebens auf diesem Planeten sehenden Auges abschaffen. Dabei lässt sie nicht unerwähnt, dass auf diese Weise der Reiseweg gefährlicher, bisher unbekannter Viren zu uns Menschen radikal abgekürzt wird, als wolle ihnen jemand eine ICE-Strecke bauen. Das passt zum Denken der EU, die mit dem Mercosur-Freihandelsabkommen die notwendigen Brücken/Tunnel errichtet hätte, damit alles schneller zuende geht. Manche in der EU haben das immer noch nicht aufgegeben.

Wenn Sie nach der Lektüre von Aigners Text wie ich Verhaftungsgelüste bekommen, müssen Sie nicht bis Brasilien reisen. Sie können in Leverkusen (Bayermonsanto) oder Ludwigshafen (BASF) schon mal anfangen …

Eine strukturell parallele Entwicklung gibt es in Afrika, wie Jens Urhahn/Jacobin schreibt. Hier ist es die Gates-Stiftung, die dem Agrobusiness assistierend und investierend zur Hand geht. Das Beispiel zeigt, dass weder gefährliche Viren noch notwendige Impfungen ein hinreichender Grund sind, die Gates-Stiftung von politischer Kritik auszunehmen und ihr mediale rote Teppiche auszurollen. Es gibt Widerstand gegen deren Politik. Der bräuchte solche Teppiche, um hierzulande zur Kenntnis genommen zu werden. Die Slowfood-Bewegung, der ich angehöre, ist Teil dieses Widerstandes.

Ob Mr. Gates ein personifizierter strippenziehender Dämon dahinter ist, bezweifle ich. So wären eher die Leute zu bezeichnen, die ihn auf die Bühnen dieser Welt schieben, und die Vorhänge nach eigenem Gutdünken auf- und zuziehen. Es sind Leute, die nicht gesehen werden wollen, und Öffentlichkeit nicht suchen, sondern scheuen. Zum besseren Verständnis des Systems dahinter lesen Sie Seesslen/taz.

Impfstrategien

Mir gehen die Corona-Alltagseinschränkungen schwerwiegend auf den Zeiger. Darum habe ich durchaus Sehnsucht nach einem wirksamen, nebenwirkungsarmen Impfstoff oder Medikamenten. Das ist aber eine völlig andere Sehnsucht, als die herrschende Politik herrschender Länder zeigt. Sie ist imstande, die objektive Lage zu verschlimmern, statt zu verbessern.

Zu einer grossen globalen Kooperation gegen diese globale Bedrohung haben sie sich nicht fähig gezeigt. Die Art und Weise ihres Vorantreibens eines Impfstoffeinsatzes ist genauso ungeeignet Vertrauen zu schaffen. Kaum eine Rolle im Diskurs spielt die Tatsache, dass sich ein deutsches Ehepaar mit türkischer Herkunft erfolgreich aufgemacht hat, zu forschen und zu ökonomisieren, wie es das real existierende System vorsieht. Vielleicht wird die AfD diese Karte noch ziehen, um sich – wie immer billige – Vorteile zu sichern.

Die willig hinterherrennende und mit unserem Geld zahlende politische Klasse ist so blind vor Angst vor dem unkontrollierbaren Virus und mglw. irgendwann damit verbundenen unkontrollierbaren Menschen, dass sie sogar gedachte Vorteile in Nachteile verwandeln (dieser Link verschwindet in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv). Sie tun das nicht, weil sie so fies, clever und gemein sind, sondern eher aus Mangel daran. Wenn die politischen und gesellschaftlichen Oligarchiesysteme Chinas und Russlands profitieren, ist das halt auch Problem und nicht Lösung.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net