Wo leben wir eigentlich? Das frag ich mich immer wieder, wenn mal wieder diese, an keiner Stelle unseres Grundgesetzes oder sonstiger Gesetze erwähnte oder gar vorgesehene, Konferenz der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin zusammen tritt und uns verkündet, ob und wann wir Opa und Oma besuchen dürfen. Und das Dolle an der Sache ist, niemand in den, für Demokraten wählbaren Parteien und Bürgerrechtsorganisationen regt sich darüber auf.
Dabei ist im Grundgesetz sogar für den “V-Fall” eine Art Notparlament vorgesehen, geregelt in Artikel115 e.
Dort steht: (1) “Stellt der Gemeinsame Ausschuss im Verteidigungsfalle mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest, dass dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder dass dieser nicht beschlussfähig ist, so hat der Gemeinsame Ausschuss die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt deren Rechte einheitlich wahr.”
Also selbst im Kriegszeiten gilt laut Grundgesetz der Parlamentsvorbehalt. Das interessiert unsere vielen und im Unterhalt recht teuren Bundestags- und Landtagsabgeordnete aber nicht. Sie verabschieden sich aus der Verantwortung und lassen die Chefs regieren.
Das führte dann zum Beispiel Ende Oktober 2020 zu der absurden Situation, dass die Bundeskanzlerin nach einem ihrer Online-Beratungen mit den Ministerpräsidenten eine Pressekonferenz durchführte, und dort die Beschlüsse mitteilte und erst am Tag danach im Bundestag eine Regierungserklärung abgab. Diese Erklärung wurde mit einer Debatte verbunden, die aber keine weitere Folge hatte. Es gab nicht mal einen Beschlußtext. Nichts. Ganz nach der Devise “Gut, dass wir mal darüber geredet haben.”
Was ich von einem solchen Vorgehen halte, habe ich hier schon mal dargelegt.
Inhaltlich hat sich daran nichts geändert. Aber weil es ja so weiter geht, möchte ich an diese – wie ich finde – nicht gute Situation erinnern. Denn ich finde, wir sollten uns das nicht weiter bieten lassen. Ich habe deshalb eine Email an Schäuble geschrieben und ihn aufgefordert, für sein beträchtliches Honorar auch was zu tun. Ich finde, der Gesetzgeber sollte Gesetze geben und nicht die Kanzlerin alleine machen lassen. Ich bin mal gespannt, ob und was der zweite Mann in unserem Staate antworten wird.
Statt ordentlich seiner Arbeit nachzugehen, beglückt uns Schäuble nun mit einem “Bürgerrat” bestehend aus 160 Bundesbürgern, die irgendwie nach einem komplizierten Verfahren bundesweit ausgelost werden. Die sollen unter Schäubles Schirmherrschaft über “Deutschlands Rolle in der Welt” beraten.
Die Ergebnisse werden dann dem Bundestag zugeleitet. Was das soll, hat sich mir noch nicht erschlossen, ich habe ein paar Fragen losgeschickt und werde über die Antworten an dieser Stelle berichten.
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