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Der kleine Hobbit

Der CDU-Nachfolgekampf ist entschieden. Armin Laschet ist der neue Parteivorsitzende. Dieser oft unterschätzte kleine Hobbit aus  Aachen  hat die Köpfe und Herzen der CDU gewonnen. Und nicht nur die. Während seine Mitbewerber hölzerne Parteitagsreden hielten, hat er eine christdemokratische Geschichte aus dem Leben erzählt. Laschet hat dabei gezeigt, dass er, wenn er Merkels Politik weiterführen wird, dieser einen wichtigen Schritt voraus hat: Er kann sich den Menschen so persönlich zuwenden, wie es die Kanzlerin nicht schafft. Das macht ihn für alle Konkurrenten höchst gefährlich. Gut für die Merkel-CDU, schlecht für den Rest, und wahrscheinlich nicht das Schlechteste fürs Land.

Armin Laschet ist damit einem seiner Vorgänger ähnlicher, als manche wahrhaben wollen: Er hat, wenn auch in weniger salbungsvoller Attitüde die Predigerfähigkeiten von Johannes Rau, den sie “Menschenfänger” nannten.  Er macht das so gut, dass ihm seine Zuhörer sogar eine faustdicke Lüge zu verzeihen bereit waren: Er behauptete wider besseres Wissen, Rot-Grün habe 2005 eine erstarrte Wirtschaft hinterlassen – obwohl es die Wirtschafts- und Hartz-Reformen waren, die die deutsche Wirtschaft wieder an die Spitze des internationalen Wettbewerbs gebracht haben. Seine politischen Gegner haben deshalb mit Laschet kein günstiges Los gezogen. Innerparteilich wie auf der großen politischen Bühne. Innerparteilich hat er zwar gewonnen, aber die Spaltung der CDU ist noch lange nicht überwunden. Zwar übte sich Norbert Röttgen nach der Entscheidung in Unterwerfungsgesten gegenüber dem neuen Rudelführer, aber er hat außer dem Erhalt seines Postens als außenpolitischem Sprecher auch nicht viel zu verteidigen, und in Form von Fußtruppen nicht viel anzubieten.

Merz schon wieder auf Selbstzerstörungskurs

Sich selbst treu geblieben ist auf jeden Fall kurz nach der verlorenen Wahl Friedrich Merz. Obwohl alle vereinbart hatten, sich solidarisch zu verhalten, hatte der Mopedfahrer aus dem Sauerland nichts anderes zu tun, als einen Präsidiumssitz abzulehnen, dafür aber der Kanzlerin anzudienen, dass er Anspruch auf das Amt des Bundeswirtschaftsministers erhebe. Die Sensibilität, zu erkennen, dass dieses Ministerium derzeit von Peter Altmaier besetzt ist, hat er nicht erkennen lassen und holte sich prompt eine Abfuhr bei der Chefin, die lapidar feststellte, dass sie keine Kabinettsumbildung plane. Merz hat das politische Talent eines ungezogenen Grundschülers der 60er Jahre, den sein Klassenlehrer mit schöner Regelmäßigkeit auffordert, vor der versammelten Klasse nach vorn zu kommen und sich seine verdienten Ohrfeigen abzuholen. Damit hat sich eine Personalfrage für Laschet zwar selbst erledigt, aber Merz’ Wadenbeisser, wie der Wirtschaftsflügelmann Carsten Linnemann, wetzen schon die Messer und werden im Bundestagswahlkampf und danach nicht untätig bleiben.

Laschet hat vorausgeplant

Damit hat sich die Lage der CDU noch lange nicht geklärt. Vor Laschet könnten ähnliche Auseinandersetzungen mit potenziellen Konkurrenten stehen, wie sie Merkel bestehen musste, indem sie die Jungs vom “Andenpakt” wie Wulf, Koch und Oettinger und viele andere erledigte. Aber bei Laschet stellt sich die Situation völlig anders dar, weil er vorgesorgt hat:  Volker Bouffier ist zu alt, um noch Konkurrent sein zu können, der Saarländer Tobias Hans und der Schleswig-Holsteiner Daniel Günther sind zwar bekannt, aber als Zwergstaatenchefs zu jung und politisch zu nah dran, um Laschet gefährlich zu werden. Haselhoff und Kretschmer haben in ihren Ländern soviel mit der Abgrenzung gegen Rechts zu tun, dass sie sich mit Laschet gut stellen müssen.  Bleibt in der CDU Jens Spahn, mit dem Laschet aber strategisch weitsichtig ein Tandem gegründet hat, um Karriere und Modernisierung zu vereinen. Laschet (59) wird als Kanzler vier, maximal acht Jahre machen, Spahn, Jahrgang 1980, kann danach noch immer mit 48 als relativ junger Mann Bundeskanzler werden. Robert Habeck wird da schon aus Verzweiflung in den Vorruhestand gegangen sein.

Söder auf Kuschelkurs

Was macht bei allem die CSU?  Das ist, wie Laschet selbst einräumt, eine Frage der Corona-Pandemie. Laschet wird die Kanzlerkandidatur anstreben und auch sicher bekommen.  Markus Söder, Jahrgang 1967 ist als Bayerischer Ministerpräsident inzwischen gut etabliert. Er ist zwar 13 Jahre älter als Spahn, aber auch er hat – wie Stoiber 2002 – nur eine Chance auf die Kanzlerkandidatur. Ob er diese gerade gegen Armin Laschet 2021 beanspruchen sollte, wäre für ihn ein Risiko. Seine Stellung als MP in Bayern ist unangefochten – er hat es verstanden, die “Freien Wähler” so geschickt einzukaufen, dass er bei der nächsten Wahl vor der erneuten absoluten Mehrheit für die CSU steht. Warum soll er dies aufs Spiel setzen, wo er doch warten kann? Als Ministerpräsident von Bayern kann man, das hat einmal Franz-Josef Strauß gesagt, Bundespolitik machen.  Warum sollte dies Söder vorzeitig beenden? Je länger er wiederum Laschet stützt – siehe die gegenseitigen Buchvorstellungen – desto erfolgreicher wird er in vier oder acht Jahren erfolgreich gegen Jens Spahn antreten können.

FDP oder gar “Schwampel”?

Für die Grünen, deren Führungspersonal sich bereits als KanzlerkandidatIn oder Juniorprtner in einer Schwarz-Grünen Koalition sehen, ist Laschet ein ernstes Hindernis auf den Weg zur Macht. Denn er macht keinen Hehl daraus, dass es eingedenk NRW-spezifischer Erfahrungen und persönlicher Beziehungen – mit Lindner etwa – schwarz-gelb vor Schwarz-grün präferiert. Er könnte mit dieser Haltung der FDP eine unerwartetes Reanimationsprogramm spendieren. Auch 2017 haben zahlreiche CDU-Mitglieder und Wählergruppen taktisch mit der Zweitstimme FDP gewählt. Allerdings haben viele Funktionäre und Aktive bis hin zu den Wirtschaftsverbänden dieses Manöver bitter bereut, als Lindner und Co. die Ampelkoalition 2017 verweigert haben. Nun scheint Laschet den zweiten Versuch zu wagen – zum Grausen und Erstaunen der Grünen und zur Freude von Lindner. Kein einfaches Stück Politik, das er da bewegt und das ihm keiner zugetraut hat. Laschet wird eben gerne unterschätzt.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Helmut Lorscheid

    ich kenne Laschet persönlich und kann Deine Einschätzung nur teilen. Der ist so ein “Kumpel-Typ”, mit dem ist man sehr schnell im Gespräch und in freundlichem Kontakt. Ich hatte ja auf Merz gehofft,mich an einem Wahlkampf gegen einen kanzlerkandidaten Merz zu beteiligten, wäre mir ein Fest gewesen. Laschet ist mir jedenfalls wesentlich sympathischer als dieses kriegslüsternde Mädchen Anne Baerbok. Wenn ich der zuhöre denke ich, die wäre doch ein gutes cheer girl der NATO. Übrigens auch eine jener jungen Poltiker die ich schon deshalb so liebe, weil sie bisher nur im Poltikbereich gearbeitet haben. Die Frau kann nichts anderes, wie viele andere jüngee Abgeordnete in allen Parteien.

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