Nachdem Helmut Kohl 1998 die Bundestagswahl verloren hatte, wurde er Ehrenvorsitzender der CDU. Erfolgreich trat er in Wahlkämpfen auf. „Die Leute wollen mich in den Versammlungen haben“, beschrieb er seine Gefühlslage. „Der alte Elefant ist noch unterwegs. Das tut mir gut.“ Kohl nahm, ehe er im Spendensumpf versank, an Sitzungen der Führungsgremien der CDU teil, wo er sich so aufführte, als sei noch er der Vorsitzende – und nicht etwa Wolfgang Schäuble, der Amtsinhaber. Angela Merkel, die damals neue CDU-Generalsekretärin, erlebte es als Zeugin und Betroffene.
Nun ist sie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr CDU-Vorsitzende. Aus Wahlkämpfen hält sich die Bundeskanzlerin heraus. Doch trotz ihrer Ankündigung, bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr antreten zu wollen, hält sie das Heft des Handelns in der Hand. Stets wurden ihre Lieblingskandidaten an die CDU-Spitze gewählt: 2018 Annegret Kramp-Karrenbauer, jetzt Armin Laschet. Zweimal wurde mit knapper Mehrheit der Aufstieg von Friedrich Merz verhindert, der – was ebenfalls die Verhältnisse in der CDU kennzeichnet – jeweils von Schäuble, dem Elder Statesman der Partei, protegiert wurde. Merkel aber brauchte sich nicht einmal offen für ihre Favoriten einzusetzen. Das besorgten Anhänger und Helfer. Das Begehren von Merz, als Wirtschaftsminister in ihr Kabinett „eintreten“ zu wollen, hat die Kanzlerin jetzt wieder abgeblockt – auch das zum zweiten Male. Die Kunst klassischer Politik, einen Gegner einzuhegen und damit dessen zahlreiche Anhänger für sich (und die Partei) zu mobilisieren, mochte Merkel mit Merz nicht ausprobieren.
Merkel war es nicht egal, wer unter ihr der CDU vorsitzt. Mit Kramp-Karrenbauer ging „die Chefin“ auf überaus robuste Weise um. Nur einmal ließ sich die Kanzlerin übertölpeln: als sich AKK im Sommer 2019 selbst zur Verteidigungsministerin ausrief, während Merkel noch andere Lösungen zur Nachfolge von Ursula von der Leyen erwog. Im CDU-AfD-Thüringen-Konflikt fuhr Merkel der amtierenden Vorsitzenden brutalstmöglich in die Parade. Dass das Tischtuch zwischen den beiden Frauen zerschnitten ist, zeigten ihre Reden auf dem CDU-Parteitag: Kein Dank, keine Würdigung. Nun also Laschet? In der Coronapolitik ist Markus Söder dem Alarmismus Merkels näher als Laschet. An langer Leine führt die Kanzlerin die Unionsparteien. Nur CDU-Ehrenvorsitzende ist sie noch nicht.
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