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Im Windschatten des Kampfes gegen Corona kann die Bundesregierung weitgehend unbeobachtet von der öffentlichen Wahrnehmung so ziemlich machen was sie will. Auch der Bundestag stört dabei nicht weiter, wenn fast niemand darüber berichtet. So will die Bundesregierung allen Bundesbürgern eine Personalnummer verpassen. Als Grundlage dafür soll die 2007 bereits eingeführte “Steuer-Identifikationsnummer” dienen. Die Datenschützer des Bundes und der Länder finden das gar nicht komisch.
In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber: “Die Steuer-ID alleine ist kein tragfähiges Fundament für den geplanten Einsatz als Personenkennzeichen.” Ein solches Personenkennzeichen ist für Kelber “mit der Verfassung nicht vereinbar.”
In der Amhörung des Bundestages sprachen sich auch weitere Datenschützer gegen das Vorhaben der Bundesregierung aus. So zum Beispiel das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF e.V.).
Im Bundestag lehnten alle Oppositionsparteien das Vorhaben ab, wobei der Grüne Konstantin von Notz in seiner Rede bei der Einbringung des Gesetzes durch die Bundesregierung am 19. November 2020 auf die Bedenken der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder verwies.
Nach der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes gestern im Bundestag erklärte die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union: “Mit Hilfe der Steuer-ID werden nun die Datensätze in den 56 wichtigsten öffentlichen Registern geordnet, um Datenabgleiche zu Personen zu ermöglichen. Damit können wesentliche Informationen über eine Person zu einem Profil zusammengefasst werden, wie z.B. Gesundheitsdaten, Daten aus dem Schuldnerverzeichnis, Daten zu Hartz-IV-Ansprüchen, Informationen über Vorstrafen und Informationen zu Verwandtschaftsverhältnissen. Damit wird der Mensch gläsern, es gibt kein Halten mehr, dass der Staat jederzeit auf alle verfügbaren persönlichen Daten zugreift und sie miteinander verknüpft. Genau dies wollte das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von 1983 mit dem dort eingeführten Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verhindern.”
Im Bundestag wurde dieses Volkszählungsurteil ebenfalls als Gegenargument angeführt, was den an Jahren noch jüngsten Rüstungs-Lobbyisten unter den CDU/CSU-Abgeordneten Philipp Amthor zu dem Zwischenruf veranlasste das sei doch schon “über30 Jahre her”.
In der Erklärung der HU heißt es weiter, “die Coronakrise” habe uns allen vor Augen geführt, “wie groß die Versäumnisse des deutschen Staates beim Aufbau der digitalen Infrastruktur für die Gesellschaft und beim Aufbau eigener staatlicher digitaler Strukturen sind.” Sie fordert, statt “die Menschen gläsern zu machen umgekehrt den gläsernen, d. h. den transparenten Staat.” Die Humanistische Union hatte ihre grundsätzlichen Bedenken gegen das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) bereits im Rahmen der Verbändeanhörung des Innenministers ausführlich vorgetragen.
Der Bundesvorsitzende der Humanistischen Union, Werner Koep-Kerstin, kündigte weiteren Widerstand an: “Wenn dieses Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, werden wir vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde gegen das RegMoG erheben. Wir gehen davon aus, dass sich das BVerfG an seine Entscheidung zur Volkszählung von 1983 erinnert.” Weitere Informationen gibt es u.a. bei der HU.

3 Kommentare

  1. Rainer Doemen

    Die Angst vor dem gläsernen Menschen ist emotional verständlich, sachlich eher nicht haltbar. Andere EU-MS, z. B. die Niederlande, haben deutlich bessere technisch- automatisierte Risikomanagement-Möglichkeiten, betrügerisches Verhalten im Steuer- und Zollbereich aufzuspüren. Die automationsgestützten Systeme beachten die EU-Datenschutz Grundverordnung und basieren auf eindeutigen Erkennungsmechanismen maschineller Anfragen an das System. Auch in den NL dürfen Beschäftigte nicht willkürlich unliebsame Nachbarn oder Andere “ausspionieren”. In D werden wir ohne ein “eindeutiges, zweifelsfreies Identifikationsmerkmal” natürlicher Personen und Personenvereinigungen mißbräuchliche Finanz- und Steuergestaltungen, die allein bei der Umsatzsteuer alljährlich auf einen hohen MILLIARDEN-Betrag geschätzt werden, plus das ebenfalls sehr hoch geschätzte alljährliche Potential im MILLIARDEN-Bereich bei der Geldwäsche u. a. Delikte nicht abschreckend wirkungsvoll bekämpfen können. Der befürchtete gläserne Mensch durch ein Identifikationsmerkmal – das Smartphone und verschiedene weit verbreitete Apps im Kommunikationssektor – existiert doch längst. Und jeder Smartphone-Nutzer sagt, dass er nicht überwacht werden will. Dennoch nutzt jeder Smartphone-Besitzer die Kommunikations-Apps weiter. Der Datenschutz wird dadurch in D gewahrt, dass Datenzugriffe auf sensible Daten (z. B. Daten, die dem Steuergeheimnis oder dem Sozialgeheimnis unterliegen) nicht nur protokolliert, sondern auch überprüft werden. Wer also ernsthaft mehr Gerechtigkeit und eine bessere Aufdeckung und Strafverfolgung einfordert, der wird keine geeignetes, belastbares Argumente gegen ein eindeutiges Identifizierungsmerkmal anführen können. Emotionale Befindlichkeiten spiegeln die Wirklichkeit in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem insoweit nicht wider.

  2. Helmut Lorscheid

    Lieber Rainer, in den Niederlanden gab es auch keinen Faschismus und – ich zum Beispiel besitze aus gutem Grund kein Smartphone, lass mir auch keinen Fingerabdruck in den Ausweis drücken und lehne die Gesundheitscard ab. Außerdem wurden von Polizisten bekanntermaßen jetzt schon Datensätze an Nazibanden weiter gereicht. Der öffentliche Dienst in Deutschland ist durchweg konservativ bis rechtsradikal. Das liegt an der planmäßigen Aufsucht gleichdenkender, die Karriereförderung durch rechte Verbindungen, die Übernahmee aller Nazis in den Staatsdienst, die Berufsverbote gegen Linke in den 70ziger. Die Mord bereiten Netzwerke ziehen sich durch Bundeswehr, Nachrichtendienste, Justiz und Polizei sowie prviate Sicherheitsdienste. Diesen Banden im öffentlichen Dienst möchte ich möglichst wenig Daten zur Verfügung stellen.

    • Rainer Doemen

      Lieber Helmut, deinen Sachverhalt als stimmig unterstellt, kann ich deine Schlussfolgerungen verstehen. Wenn du aber “Böses” aufdecken möchtest bzw. im Keim ersticken möchtest, brauchst du automatisierte Risikomanagementsysteme, die mit zuvor fachlich vorgegebenen Algorithmen menschliches Handeln verproben. Kommt es dabei zu Auffälligkeiten zwingen automatische Hinweise zur Bearbeitung und Dokumentation. Damit fallen viel früher “Böse” auf als ohne solche intelligenten Methoden. Und da wir beide doch wollen, dass die Menschen, die sich in öffentlichen Ämtern in eine Richtung des “Bösen” bewegen, auffallen und zwar so frühzeitig wie möglich auffallen, brauchst du für den Automationsprozess ein eindeutiges Erkennungsmerkmal. Dieses brauchst du für sämtliche Prozesse, bei denen du präventiv wirken willst und damit schon Schlimmes im Keim ersticken kannst. Alles muss mit der EU DSGVO vereinbar sein. Das zu programmieren ist heute state of the art.

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