Im Jemenkrieg: was wird besser? / Und: Helden-Demontagen: Nawalny vs. Jawlinski / Klopp
In mehreren Beiträgen, mehrheitlich eingemauert, analysiert die FAZ die strategischen Rahmenbedingungen des verbrecherischen Jemen-Krieges nach der Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten. Der Wechsel in den USA ist einer zu strategischem Realismus. Die Patenkinder des Iran scheinen, obwohl finanziell und militärtechnologsch unterlegen, politisch klar gewonnen zu haben. So geht es aus Informationen hervor, die FAZ-Korrespondent Christoph Ehrhardt von Beirut aus zusammengetragen hat.
Rainer Hermann/FAZ, seit langem ein weitsichtiger Beobachter der Nahostregion, kommentiert hinter Paywall das neue Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien: “Keine Blankoschecks mehr für die Saudis”. “In den fünf Jahren vor dem Krieg”, so Hermann, “hatte Saudi-Arabien Waffen im Wert von drei Milliarden Dollar importiert, in den ersten sechs Jahren des Kriegs jedoch für 61 Milliarden Dollar.” Von diesen Ausgaben hätten die Trump-USA allein 73% abgesahnt. Ohne Scheuklappen legt Hermann dar, dass die ersten strategischen Fehler bereits von Barack Obama (Drohnenmorde, gezielte Liquidierungen) begangen wurden. Die Biden-Administration wolle sich den saudischen Despoten Mohammed Bin Salman (“MBS”) mit Geheimdiensterkenntnissen zum Kashoggi-Mord gefügig machen. Saudi-Arabien wiederum bleibe von den USA abhängig: für die ökonomische Entwicklung nach dem Erdölzeitalter sei es auf gute Beziehungen zu den von den USA (noch) beherrschten internationalen Finanzmärkten angewiesen.
Der erwähnte Beirut-Korrespondent Erhardt berichtet in einem weiteren eingemauerten Bericht “Wie in einem Endzeitfilm” über Untersuchungen und Aufräumarbeiten im Hafen von Beirut, nach der Explosionskatastrophe. Hier lagern mglw. zukünftige Geheimdiensterkenntnisse gegen die vom Iran unterstützte Hisbollah. Er stützt sich auf einen deutschen Ingenieur namens Wentler von der Firma Combi Lift, der mit Aufräumarbeiten und Untersuchungen der verbreiteten Giftstoffe beauftragt sei. Nicht in dem Bericht betont, aber auch nicht verborgen, wird die Tatsache, dass Beirut und der Libanon schon seit Jahrzehnten eine international beliebte Giftmüllkippe sind, und viele im In- und Ausland sich daran ökonomisch gütlich getan haben. Jede*r Libanes*in, die*der bei Verstand ist und über genügend Finanzmittel verfügt, muss unter diesen Umständen das Weite suchen. Und kein*e Deutsche mit Verstand glaubt allen Ernstes, dass deutsche Konzerne auf dieses preisgünstige Fenster der Entsorgungsgelegenheit vollständig verzichtet haben – nicht nur Viren sind derartige Wohltaten der Globalisierung.
Russland: Jawlinski gegen Nawalny
Stefan Scholl/FR berichtet über ein weiteres Indiz der Zersplitterung demokratischer Opposition in Russland. Die “besten Zeiten” des Gregori Alexejewitsch Jawlinski und seiner Jabloko-Partei sind lange vorbei. Seine Kritik an Nawalny hat dennoch destruktive Relevanz, weil sie nicht komplett abwegig ist. Nawalny dagegen fühlt sich mit seinem internationalisierten Rückenwind auf einer Erfolgsspur. Das Problem scheint mir aus der Ferne gesehen die autoritäre machistische Grundstruktur der politischen Öffentlichkeit in Russland. Selbst demokratisch gesonnene Anführer haben jederzeit das Zeug zum Despoten, weil es im Postsowjetismus keine starken gesellschaftlichen Organisationen oder gar Parteien mehr gibt, die ihre Führer binden, erden und in eine organisierte Willensbildung hineindisziplinieren. Warum sollte Nawalny kein Putin werden, nur halt mit anderen Oligarchencliquen verbündet?
BVB kann Klopp wiederhaben
Beim FC Liverpool wiederholt sich ein Schema, das der BVB schon durchgenommen hat. Der Super-Motivator Jürgen Klopp ist wieder mit seinem Latein am Ende. Auch die von Hendrik Buchheister/FR zurecht angeführte lange Verletztenliste ist eine Wiederholung. Der Kloppsche Pressingfussball verlangt den Spielern nicht nur Motivation sondern auch körperliche Überbeanspuchung ab – das Problem ist kein Pech, sondern gehört zum System. Da sie in Dortmund immer noch hinter den unbestrittenen Entertainmentqualitäten Klopps hinterhertrauern und beste Fussballlehrer zu feuern pflegen: bitteschön, jetzt ist er sicher billiger geworden. Wobei: für den DFB wäre das sicher ähnlich praktisch.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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