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So nicht!

Wie Bonn mit Bürgeranträgen umgeht II
Auf meinen Beitrag “Dann geht mal schön spielen” erhielt ich einige Reaktionen. Insbesondere BonnerInnen, die sich mit eigenen Vorschlägen am “BürgerInnenhaushalt” beteiligt haben, fühlen sich von der Verwaltung nicht ernst genommen. Und das ist noch eine sehr freundlich-zurückhaltende Formulierung. “Ich fühle mich verarscht” kam da schon öfter als kurze aber eindrücklich Stellungnahme. Das gilt nicht nur für die Nutzer der Alten VHS, deren Vorschlag die zweitmeisten Stimmen erhielt und von der Verwaltung aus dem Bürgerhaushalt rausgenommen wurde. Angeblich kümmere sich die Verwaltung ja bereits ausreichend um eine neue Bleibe für die Aktivisten in der Alten VHS. Sie konnten innerhalb eines Jahres immerhin auf 2.000 Veranstaltungen verweisen. und dies bei ausschließlich unbezahlter, ehrenamtlicher Tätigkeit.

Ablehnung als Grundhaltung

Auch die Vorschläge für Tanzböden auf beiden Rheinseiten wurden abgebügelt. Dieser Vorschlag erhielt die meisten Stimmen und lautete: “Die Stadt sollte einen Ort mit glattem Boden für Outdoor-Tanzveranstaltungen (Salsa, Zouk, West Coast Swing etc.) zur Verfügung stellen.” Die Reaktion der Stadtverwaltung war hier wie bei fast allen anderen Vorschlägen – von oben herab, auf Ablehnung orientiert und nicht entlang des Bürgerwillens argumentierend.

Die Stellungnahme der Verwaltung lautete:
“Die Bereiche des Rheinufers rechts- sowie linksrheinisch liegen im Landschaftsschutzgebiet (LSG). Die Errichtung einer Tanzfläche bedarf somit einer landschaftsrechtlichen Genehmigung sofern ein LSG betroffen ist. Das Rheinufer auf Bonner Seite aufgeteilt in Fußgängerbereich, Baumpflanzungen, Radweg und Grünfläche als Abgrenzung zur anschließenden Bebauung bietet nur beschränkt Raum für flächenmäßige Freizeitnutzungen. Im Zuge der Neugestaltung werden jedoch auch Freizeitaspekte geprüft und in die weitere Planung einbezogen. Dies erfolgt jedoch unabhängig vom Bürgerhaushalt.”
Die Stadt hätte auch argumentieren können, dass der Tanzboden eine gute Idee sei, es allerdings Schwierigkeiten zu überwinden gebe – wie die Tatsache, dass “Die Bereiche des Rheinufers rechts- sowie linksrheinisch im Landschaftsschutzgebiet (LSG) liegen.” Um anschließend gemeinsam nach einer Umsetzungsmöglichkeit zu suchen. Man könnte auch gemeinsam überlegen und mit den Bürgern einen Termin bei der Landschaftsschutzbehörde machen oder diesen vermitteln. So ginge bürgernahe Verwaltung. Was mir bei der Argumentation der Verwaltung noch auffällt: Wenn das Rheinufer generell im Landschaftsschutzgebiet liegt, warum ist es dann, bis auf kleine Flächen vollständig versiegelt – mit Beton oder Asphalt? Dies allein zeigt ja schon, was alles möglich ist, trotz Landschaftssschutz.
Verwaltungspersonal alle fünf Jahre runderneuern
Eine kompetente und am Bürgerwillen orientierte Verwaltung ist wahrscheinlich mit diesem, seit Generationen aus den gleichen Familien stammenden Bediensteten nicht zu machen. Man kennt sich und empfiehlt seine Freunde, Verwandten, Kegelbrüder und Sportsfreunde auf frei werdende Stellen. Diesen Seilschaften ist nur schwer zu begegnen. Doch notwendig ist ist eine komplette Umorientierung der auf Gängelung der Bürger und Ignoranz gegenüber der Bevölkerung ausgerichteten Verwaltung. Man sollte alle Verträge in der Stadtverwaltung oder zumindest alle Leitungsfunktionen auf die Dauer der Wahlperiode des OB begrenzen. Kommunalbeamte braucht keiner, das Beamtentum sollte in diesem Bereich abgeschafft werden. Soweit bestimmte Aufgaben bisher Beamte erfordern, sollte man die entsprechenden Gesetze ändern. Die oder der jeweilige OB sollte die Möglichkeit haben, einen Großteil dieser recht selbstzufriedenen, manchmal auch nicht besonders fleißigen und wenn man sich die Bauskandale ansieht, vielleicht auch manchmal etwas korrupten Belegschaft auszuwechseln. Bisher kann ein neuer OB meines Wissen nach nur sehr begrenzt in die Personalstruktur der Verwaltung eingreifen. Im Stadthaus herrscht doch die arrogante und selbstzufriedene Grundhaltung “Die Politiker kommen und gehen, wir bleiben”. Das sollte man grundlegend ändern. Vielleicht sollte man eine zeitliche Begrenzung bei Kommunalpolitikern und auch in den Leitungsgremien der Stadtverwaltung einführen. Wählbarkeit für maximal drei Wahlperioden. Personalwechsel nach spätestens 10 Jahren, Rotationen der Zuständigkeiten mindestens alle fünf Jahre.
Anderes Beispiel – Verkehrspolitik und Verkehrsplanung
Herand Müller-Scholtes/Bonnlab hat sich ebenfalls mit einem Vorschlag am Bürgerhaushalt beteiligt. Sein Anliegen: eine bessere Markierung der Radwege an bekanntermaßen gefährlichen Kreuzungen. Er schrieb an die Stadt: “2018 wurde eine Radfahrerin von einem Lkw getötet, da der Fahrer die Radwegvorfahrt nicht beachtet hat. Vielleicht könnte die Studentin noch leben, wenn alle Radfahrstreifen dort wie *an weiteren stark befahrenen Kreuzungen* sachgerecht ROT MARKIERT wären. Die Stadt Bonn hat jedoch nur die Radfahrstreifen auf der einen Seite neu markieren lassen. Es wäre angemessen die Radfahrstreifen *der ganzen Kreuzung* zu markieren, denn Markierungen kann den Tod wahrscheinlich minimieren. Es wäre zynisch es alles beim Alten zu belassen und wäre eine längst überfällige angemessene Würdigung aller Radfahrer*innen die für die Allgemeinheit bislang große Gefahren auf sich nehmen, den Bonner Stadtverkehr ohne Abgase und Lärm zu gestalten! Rote Markierungen an alle wichtigen Kreuzugen, nicht erst warten bis es neue Unfallopfer zu beklagen gibt!”

Die Antwort der Verwaltung zeigte, dass die hier unzureichend tätigen den Antrag nicht einmal richtig gelesen hatten, da sie schreiben: “Die Unfallkommission und die Verwaltung sprechen sich gegen eine _*generelle*_ Einfärbung von Radwegen aus. Diese soll sich auf *Unfallschwerpunkte bzw. problematische Stellen im Radwegenetz* beschränken, die sonst in der Masse untergehen würden. Es finden regelmäßige Ortstermine mit der Unfallkommission statt, in der Maßnahmen für die Verbesserung an *Unfallschwerpunkten* besprochen.” Von einer “generellen Einfärbung” war im Antrag gar keine Rede. Müller-Scholtes: “Mein FAZIT: Wir machen nichts auch wenn es Tote gab. Prävention ist ein Fremdwort! Ich spreche von Unfall-Kreuzungen und die Verwaltung sagt eine Färbung geht in der Masse unter. Zynisch!!”

4 Kommentare

  1. Heiner Jüttner

    Sozial verantwortlich denkende Menschen kritiseren seit Jahrzehnten Die Befristetung von Arbeitsverträgen. Nun kommt einer und fordert genau solche Verträge für Mitarbeiter/innen der Kommunalverwaltung. Sind das sozial minderwertige Mensvhen ?

    • Helmut Lorscheid

      Heiner Jüttner: Nein das sozial besonders gut abgesicherte Menschen. Meiner Meinung nach ist der öffentliche Dienst zu gut abgesichert. Mir geht es auch mehr darum, die eingefahrenen Strukturen zu stören und einiges davon auch zu zerstören. In allen deutschen Behörden gibt es so etwas wie “Amtskinder” im Auswärtigen Amt wird der Nachwuchs der Diplomaten so genannt. Besonders das Auswärtige Amt setzt sich aus wenigen Familien zusammen. Das AA ist ein Hort der von und zu’s, Graf von Schlafdichaus und Gräfin Magnichtarbeiten in der 10. Generation. Das muß nicht sein. Und in der Kommune muß das erst recht nicht sein. Es würde schon etwas bringen, wenn man die jeweiligen Amtsleiter mal gut durchmischt und sich auch mal von einem trennt. Dann hätten wir die “Fehler” in der Vertragsgestaltung im Bereich der Bauverwaltung nicht wie jetzt in Serie. Ich gehe in diesem Bereich von Korruption aus – denn niemand macht den gleichen vertraglichen Fehler, zwei, drei mal hintereinander, wenn es dafür keine Gegenleistung gibt. Sei denn, die dortigen Amtsleiter sind strunzdumm.. Das glaube ich aber nicht. Ich gehe eher davon aus, dass sie geschäftstüchtig sind und sich deshalb so verhalten. Was macht die Stadt? Sie wartet offenbar auf den nächsten faulen Vertrag und zahlt dann weitere Millionen aus an fragwürdige Bauträger.

  2. Detlev Knocke

    Hallo Helmut,

    super Kommentar, seit den 50iger Jahren sind die Stadtverwaltung Bonn und auch früher Bad Godesberg (wo ich aufgewachsen bin) Erbhöfe, frei nach dem alten Adenauerprinzip: Man kennt sich und man hilft sich! Karnevalsverein, Kolpingfamilie etc, sind immer noch die Orte an denen Jobs “vergeben” werden. Qualität spielt dabei nicht immer die erste Rolle (auch dies kenne ich aus eigener Erfahrung), Das muss aufgebrochen werden und zwar jetzt und daher bin ich vor allem bei Führungspositionen in der Verwaltung für befristete Arbeitsverträge, wie dies im übrigen auch in der Industrie für entsprechend Positionen (z.B. Projekte ) üblich ist. Der rheinische Klüngel muss abgeschafft werden. Für Leute die das immer noch nicht verstehen, sollte mal eine Liste der Bonner Bauskandale allein der letzten 10 Jahre erstellt werden (WCCB, Beethovenhalle, Schwimmbäder, Bebauung des Bahnhofvorplatzes, etc. ) und auch mal deutlich gesagt werden, dass der Preis für diese gigantischen Fehlplanungen vom Steuerzahler und nicht von den Verantwortlichen zu zahlen ist und in der Regel mit Kürzungen im Bereich Kultur und Sport einhergeht. In diesem Sinne mach/Macht weiter so,, vielleicht ändert sich ja doch etwas und vor allem brauchen wie kritische Medien in dieser Stadt.

  3. Uwe Jendricke

    Hallo,
    danke für die offenen Worte. Dass es um die Stadtverwaltung so schlimm steht, wusste ich nicht. Ich habe es aber geahnt. Das sieht man auch oft bei der Verkehrsplanung, wo ich den Eindruck habe, dass die Stadtplaner*innen der Fahrradinfrastruktur noch nie auf einem Fahrrad gesessen haben – zumindest nicht im Alltag.
    Bezeichnend auch die Begründung beim “Tanzpavillon”-Antrag: Im Antrag steht nichts vom Rheinufer. Die ablehnende Begründung bezieht sich ausschließlich auf das Rheinufer. Seltsam. Aber es soll wohl nochmal überprüft werden, wurde uns gesagt. Bleiben wir hoffnungsvoll und wünschen unserer OB viel Kraft.

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