Und: “herrschaftsfreier Diskurs” nirgends
Ich fange mit dem Positiven an. Henning Hübbert. In dem Link wird er auf der WDR-Homepage vorgestellt, meistens höre ich ihn im DLF, kenne ihn auch flüchtig vom Telefonieren. Er wohnt in Unkel, wo auch Willy Brandt seine letzten Lebensjahre verbrachte, und die Oma meiner alten Freundin Kerstin Müller mehrere Hochwasser durchmachte. Dort ist es offenbar möglich, als Journalist nicht nur eine klare Haltung zu entwickeln, die Hübbert mit seinen Themensetzungen verrät. Sondern auch ständig neugierig zu bleiben, ehrliches Interesse zu entwickeln, und auf eigene Missionsarbeit weitgehend zu verzichten. Was für ein angenehmer Kontrast (ich komm’ gleich (drauf)!
Hübbert bespielte heute das erstklassige DLF-Reportageformat Wochenendjournal (Audio 48 min) mit Berichten über den Pandemie-Ramadan in Bad Honnef, Bonn und Wuppertal. Es richtet sich weniger an Muslim*inn*e*n, allenfalls sofern sie glauben, dass sie in den Medien zuwenig vorkommen, sondern ist informativ und empathisch für uns Ungläubige, wie auch für all die wehleidigen, jammernden Christ*inn*en. So wie das schönste an der christlichen Fastenzeit der Karneval davor und der Lammbraten an Ostern danach ist, ist es am Ramadan das Fastenbrechen. Und dieses soziale Ereignis fällt zum zweiten Mal ersatzlos aus. Danke, danke, danke für diesen guten Journalismus – in diesen Zeiten.
GAIU – Grösster Anzunehmender Interview Unfall
Denn noch gestern Abend war ich geneigt, wenn ich noch jünger wäre, meine TV-Glotzkiste aus dem Fenster zu schmeissen. “Maximilian von Mauschwitz (* 1716 bzw. 1717[1] in Jauer, Herzogtum Schweidnitz-Jauer; † 14. März 1781[2] in Belgard) war ein preußischer Generalmajor und Chef des Kürassierregiments Nr. 5.” sagt ein Wikipedia-Eintrag (mgl. Tippfehler inkl.) Der Mann habe mit seiner Gattin vier Töchter und vier Söhne hervorgebracht. Über die Jahrhunderte ergab sich dann auch irgendwie das Moderationsleben von Martin von Mauschwitz, mit dem ich einen ähnlichen Fussballgeschmack teile. Wer das “von” öffentlich trägt, will solche gewagten Ableitungen offensichtlich provozieren 😉
Herr Mauschwitz setzte gestern den journalistischen Kontrast (video) zu Herrn Hübbert: er wollte nichts wissen oder erfahren, sondern Jan Josef Liefers von seinen Sünden bekehren. Beide Herren haben sich wohl in der Kirche geirrt, sie waren am falschen Ort. Der Gipfel war für mich erreicht, als Liefers die Schuld für die Überlastung des Pflegepersonals zugeschoben wurde. Dem WDR stünde es frei, eine der von ihm so geliebten “Medienpartnerschaften” mit den Gewerkschaften dieses Personals einzugehen, um sie gegen die schmerzfreien Arbeitgeber von Rhön-Kliniken AG bis Caritas zu stärken. Bei ersterer war bis voriges Jahr noch WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau Aufsichtsrätin, und scheint das nicht freiwillig beendet zu haben.
Im DLF versuchte Ulrike Guérot im Stakkatosprech die #allesdichtmachen-Künstler*innen, die sich bereits weitgehend selbst aufgelöst haben, zu verteidigen. Sie forderte eine herrschaftsfreieren Diskurs und die Stärkung der Kraft des Arguments, eine oft wiederholtes liberales Postulat, das naiv oder wissentlich jede materialistische Analyse allergisch vermeidet. Das wurde an ihrer Schlusspointe zum “Fürchtet euch nicht!” (Lk., 2,10) deutlich – ob es ein Kind, der Papst oder Donald Trump sage. Doch Frau Guérot, das ist ein grosser Unterschied. Kinder lügen am schlechtesten (meint: am besten erkennbar, “Kindermund gibt Wahrheit kund”), kaum ein Unterschied zu Trump. Bei Trump und dem Papst stehen jedoch jeweils riesige Machtapparate dahinter, die mächtige Interessen verfolgen, und darauf niemals verzichten würden. Wie alle anderen mehr oder weniger Mächtigen . Der Deutschlandfunk übt seine Macht z.B. darüber aus, dass er Frau Guérot zwar zum Interview eingeladen hat, wofür sie sich brav bedankte, es aber auch vier Stunden später nicht “schafft”, es mit 2-3 Tastendrücken online zu stellen (Audio nicht vorhanden, Abschreiben einer lesbaren Fassung wäre bei Guérots Sprechtempo in der Tat eine Herausforderung). Update nachmittags: jetzt – in einer redaktionellen Zusammenfassung plus Hörfassung – online.
Diesen Fehler von Guérot haben auch die unqualifizierten Berater*inn+en besagter Schauspieler*innen gemacht. Und damit mehr Schaden als Nutzen im vermachteten Diskurs angerichtet. Sie werdens überstehen. Der Diskurs auch? Kapuddeneu.
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