Despoten gehen für das Ich über Leichen und Landschaften
Die Redewendung der Überschrift ist nicht von Karl Valentin, wie mich der Münchener Sechzger-Ethnologe Andreas Rüttenauer/taz aufklärte, sondern von einer möglichen zukünftigen Bundeskanzlerin. Derzeit ist sie “meine” Parteivorsitzende. Na dann.
Mitten am Ende ist zweifellos Recep T. Erdogan, im Hauptberuf Präsident der Türkei. DLF-Mitarbeiterin Susanne Güsten machte mich heute vor dem Aufstehen darauf aufmerksam (Audio 5 min), wie er Istanbul, die Stadt, in die ich mich 2005 verliebt habe und heute wahrscheinlich schon nicht mehr wiedererkennen würde, zerstören will. Noch vor einem leider gar nicht unwahrscheinlichen Erdbeben. Einen inhaltlich ähnlich nachlesbaren Beitrag von Daniel Derya Bellut und Serkan Ocak hier bei der Deutschen Welle. Anlass für Güstens Beitrag: der Baubeginn soll in den nächsten Tagen inszeniert werden, während sich die europäische Öffentlichkeit von der EM betäuben lässt.
Erdogan ist für die EU und die Nato ein grosses Problem. Das klingt, als könne es ein Vorteil sein, ist es aber leider überhaupt nicht. Es ist seine Unberechenbarkeit. Sie verschwendet öffentlichen Besitz seines Landes, sie zerstört die wertvolle Ökologie seiner schönsten Stadt, und sie geht über Leichen, und zwar fast überall, wohin ihn sein Expansions-Ehrgeiz treibt.
EU und Nato haben offensichtlich nicht die geringste Absicht, der Logik dahinter die Grundlage zu entziehen. Sie bauen selbst darauf. Erst Aufrüstung, Extraprofite und Technologieführerschaft für “eigene” (in Wahrheit private oder staatsmonopolistische) Rüstungs- und Technologie-Konzerne realisieren – dann – vielleicht – auch mal miteinander reden, wenn klar ist, dass Ich den Längsten habe. Verhandlungs-Intelligenz und -Kompetenz: was soll das sein? Kennichnich. Hier reiht sich im übrigen – leider – nach meiner Wahrnehmung auch die Spitze meiner “eigenen” Partei ein. Nicht in meinem Namen.
Über die “Mitte vom Ende” hinaus: DFB
Internationale Fussballturniere sind unter Politiker*inne*n sehr beliebt zur Begehung aller Grausamkeiten. die die Öffentlichkeit nicht bemerken soll. Dieses Jahr schiebt sich alles durch die Pandemie zusammen. Während der EM ist quasi schon Bundestagswahlkampf. Das kann schwierig werden. Anders für den DFB. Während der Ball rollt, interessiert sich, so hoffen sie dort in der Führungsetage, niemand für die hausinternen Intrigen. Jan Christian Müller/FR, der sie sonst nie verpasst, ist im Trainingslager beschäftigt. Aber Johannes Aumüller und Thomas Kistner/SZ bleiben streng und unbarmherzig. Danke.
Pandemie “mitten am Ende”?
Gastronomen in Bonn haben Stress mit Gästen von ausserhalb. Weil die Infektionszahlen in Bonn langsamer sinken, als da draussen in den Bergen und auf den Feldern. Wurde “zu viel” getestet? Neuerdings meldet die Homepage der Stadt negative Infektionszahlen. Wie das geht? Weiss ich nicht. Finden Sies heraus. Gut ist jedenfalls: die Erstimpfungen sind nah an der 200.000er-Marke; komplett geimpft sind jetzt ein Drittel der Bonner*innen. 48 sind noch im Krankenhaus, 12 auf der Intensivstation. Ihnen und ihren Pflegenden: alles Gute! Und gerne mehr Lohn!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net