Ulrike Bremermann war die Leiterin der Aussenstelle Bremen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). In einer widerlichen Kampagne des Bundesinnenministeriums wurde sie kriminalisiert mit dem Versuch, sie auch als Mensch komplett zu brechen. An der Kampagne beteiligte sich die Mehrheit der deutschen Massenmedien. Unkenntnis war für sie kein Grund, es sein zu lassen. Ich hatte diesen Skandal, der nicht als solcher behandelt wird, schon mehrmals kommentiert. Nun hat es endlich auch ein 20-Minuten-Feature des Deutschlandfunks getan. U.a. kommt dort erneut der Anwalt von Frau Bremermann, Johannes Eisenberg, der auch Anwalt von Extradienst-Autor Andreas Zumach ist, angemessen zu Wort.
Schon im August 2018 schrieb der DLF-Nachrichtenredakteur Marco Bertolaso einen angemessen kritischen Text zur medialen Verarbeitung der von Horst Seehofer persönlich angezündeten Kampagne. Wie viele werden ihn gelesen haben? Alle, wirklich alle, die mitgehetzt haben, haben es wider besseres Wissen getan. Denn sie kennen den Vollhorst im Bundesinnenministerium gut genug. Das ist Bertolasos schriftlicher Reflexion anzumerken. Doch folgende Passsage lasse ich ihm nicht durchgehen:
“Nachrichtenredakteure sind im Beruf grundsätzlich skeptisch und vorsichtig. So haben wir auch die Recherche zu Bremen mit all den Konjunktiven versehen, die geboten waren. Wir wären aber nicht in der Lage gewesen, alles gegen zu recherchieren. Wie sollte das gehen bei komplexen Themen wie BAMF/Bremen, Panama Papers, Russland und die US-Wahl 2016 etc.?”
Das ist nicht weniger als die bedingungslose Kapitulation einer Nachrichtenredaktion. Sie fällt mir, solange ich diesen Sender höre, also schon über 5 Jahrzehnte, darin auf, dass sie die Agenda der herrschenden deutschen Rechten getreu wiedergibt, was regelmässig darin kulminiert, dass dpa-Meldungen verlesen werden, die sich auf angebliche Recherchen und Interviews des Springerkonzerns beziehen. Das ist schlichtes reaktionäres Agendasetting.
Bertolaso weiss das ganz genau, denn er ist offensichtlich nicht doof. Er schreibt und analysiert sogar selbst, welcher Schaden politisch und individuell für zu Unrecht Beschuldigte angerichtet wird. Und tut es doch. Wer zwingt ihn?
Als Publikumsteil danke ich für das gestrige Feature von Benjamin Dierks. Der Schaden für Frau Bremermann ist damit keineswegs “reguliert”. Und für die gejagten Flüchtlinge schon gar nicht. Und damit auch nicht für diese Republik und ihre Reste an Demokratie.
Schön zu lesen
Positiv bemerkenswert ist der Raum, den die FAZ einer ausführlichen Buchbesprechung von Katharina Laszlo zu dem Bestseller von Jenny Odell: Nichtstun gewährt.
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