Vor einiger Zeit konnte ich einer Servicekraft in einem sehr guten Bonner Restaurant ein untervermietetes Zimmer in Köln-Ehrenfeld vermitteln. Zum Dank lockte uns der Kollege an seinen neuen Kölner Arbeitsplatz. Der heisst “Urban Loft” und ist ein klassisch unintegrierter, gentrifizierender Standort am traditionsreichen Kölner Eigelstein. Die gleichnamige zentrale Einkaufsstrasse des Veedels ist verkehrsberuhigt, d.h. Gefahren gehen für Fussgänger*innen jetzt nur noch von den zahlreichen Fahrrädern und E-Scootern aus, die noch nicht in den Rhein geworfen worden sind.
Vor der Einkehr sind wir die Strasse einmal auf- und abgelaufen. Sie erinnert mich an Duisburg-Marxloh: sehr viele Hochzeitskleider, Schmuckläden, Geldwechsler, dazwischen klassische Lebensmittel und zahlreiche gastronomische Verlockungen. Die Atmosphäre unter den Passant*inn*en war gestern zumindest entspannt, stressfrei, freundlich. Duisburg-Marxloh ist übrigens, das nur nebenbei bemerkt, für mich das Gegenteil einer No-Go-Area, ebenso wie meine alte Heimat Essen-Altenessen – alles breitgetretener diskriminierender Medienquark.
Ein grosses Gebäude war komplett eingerüstet. In 10 Minuten-Gehentfernung von Dom und Hauptbahnhof ist jedes Grundstück eine Platinmine. So auch das fertig sanierte “Urban Loft” des Althoff-Konzerns, zu dem auch das mutmasslich beste Restaurant NRWs, das Vendome im Schloss Bensberg gehört. Dass es sich dort gut Essen und Trinken lässt, ist beim Urban Loft von aussen allerdings nicht zu erkennen. Die Hotel-Lounge und das dazugehörige Restaurant sehen von der Strasse aus, als seien sie für die Dekoration einer Daily Soap von RTL ausgewählt worden – kein Vergleich zur behutsam instand gehaltenen Inneneinrichtung des Bonner Hotels Königshof, das zum gleichen Konzern gehört.
Den Gästen ist es egal. Lage, Lage und Lage sorgen für hohe Auslastung der Betten, insbesondere zu Messezeiten. Da kann es sich der Arbeitgeber leisten, die Küchenambitionen stiefväterlich zu behandeln.
Meine Begleiterin und ich teilten uns zunächst eine Kürbissuppe. Der Kürbis als Grundstoff bringt nur wenige Aromen mit. Die Suppe muss also durch behutsame Würze verfeinert werden. Oftmals wird dabei übertrieben, mal mit Ingwer, mal mit Curry. In diesem Fall nichts davon: perfekt. Dieser gute Start verbesserte sofort unsere Genussstimmung. Im Hauptgang gabs ein koreanisches Nudelgericht (meine Begleiterin) und eine gemischten veganen Gemüseteller, mit frittierter Süsskartoffel und Tofu als Sättigungsbeilage. Auch dazu kann ich nur loben: Haptik, Optik, Geschmack alles optimal. Interessante, teilweise knusprige Gewürzmischung, die aber den Eigengeschmack nicht überdeckte, ein wenig Pesto, ein wenig Mango-Chutney, ein wenig Hummus. Jedes Gericht unter 15 Euro. Besseres Preis-Leistungsverhältnis geht nicht.
Als Wein gab es einen Cuvee “Jeder Tag” (Weissburgunder und Riesling) von meinem alten Freund Franz Keller vom Kaiserstuhl. Zu zweit liessen wir weniger als 50 Euro dort. Dem uns bedienenden Kollegen hinterliessen wir die Bitte, uns zu informieren, wenn sein Koch und er den Standort wechseln. Vielleicht müssen die Kollegen ins Kino gehen, um zu sehen, wie revolutionär Kochen sein kann. Ich will wiederkommen, um weitere Angebote auf der Speisekarte auszuprobieren, u.a. die Königdisziplin jeder Küche: die Currywurst.
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