mit Update 18.12.
Patrick Diekmann kannte ich bisher nicht. Tiefer Westfale, aus dem Osten dieses fremden Landesteils. Ganz schön viel rumgekommen für sein Alter, was ihm nicht geschadet zu haben scheint. Denn er hat die bisher beste, sachliche, ungeschwätzig-kompakte Analyse der Aussenpolitik der noch recht jungen Regierungskoalition geliefert. Kompliment, bin gespannt, wer den bald abwirbt.
Diekmann zeigt sich als beinharter Realo, und zwar im Sinne des Wortes, im Gegensatz zu denen, die sich bei den Grünen gerne so nennen. Bei denen, den Älteren, handelt es sich um Ex-Maoisten, für die viele Etiketten infrage kommen, aber sicher keine, die mit Realismus zu tun haben. Das gilt für solche, die heute das Ohr der für solche “Traditionen” zu jungen Aussenministerin haben. Manche nennen sich sogar etikettenstehlend “moderne Liberale”.
Derzeit arbeitet der kluge Herr Diekmann für t-online, was nicht mehr der Deutschen Telekom, sondern der Ströer News Publishing GmbH gehört. Ströer, das sind die mit der Strassenreklame, Fast-Monopolist in diesem Bereich, die sich medienstrategisch seit geraumer Zeit breiter und internationaler aufstellen wollen. Konzernzentrale ist ein gläserner Büro-Zweckbau in Köln-Sürth. Von Bonn aus mit der 16 und ein paar Minuten zu Fuss. In dieser provinziellen Umgebung wirkt das Ding wie ein protziger Fremdkörper. Andere angeberische Medien(hoch)häuser würden dagegen von Lachanfällen übermannt, wenn sie das sehen.
Die tatsächliche Stärke des Unternehmens sind Leute wie Schaible, den der Spiegel abgeworben hat, oder eben dieser Diekmann.
Update 18.12.: nicht so ausführlich wie Diekmann, aber inhaltlich in ähnliche Richtung, Daniel Marwecki/Jacobin,
In diesen Komplex gehört ausserdem die fanatisierte Auseinandersetzung um das Medium RT, über die Ulrich Heyden/telepolis hier vergleichsweise sachlich berichtet. Daran ist beunruhigend, dass die herrschende Mehrheit hiesiger Medien nicht souverän drübersteht, sondern geradezu vorkriegsartig propagandistisch und medienkriegerisch reagiert. Dass das RT und das Putinregime eher amüsiert, ist nicht beruhigend. Denn natürlich ist RT kein unabhängiges kritisches Medium, sondern ebenfalls ein Instrument. Darum fehlt mir weiterhin jedes Verständnis dafür, dass die Kolleg*inn*en der nachdenkseiten mit scheinbar wachsender Begeisterung auf diese Quelle verlinken. Aus meiner Sicht ein Zeichen von Schwäche, vor allem intellektueller Schwäche – und kaputtem Kompass.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net