Wie gut, dass ich 1975/76 den Kriegsdienst verweigert habe. Für diese Freiheit hätte ich niemals eine Waffe in die Hand genommen, und auch ganz sicher nirgendwohin eine geliefert. Stattdessen habe ich mein politisches Leben der Werbung dafür gewidmet, dass es so viele wie möglich so ähnlich halten wie ich. Wie im wahren Leben üblich kam es dabei zu viel Erfolg und Misserfolg. Am unverwandtesten lässt es mich gucken, dass derzeit nicht wenige meinen, bei dem Krieg zwischen den Staatsführungen Russlands und der Ukraine ginge es irgendeiner Seite um eine andere, bessere Freiheit als exakt diese. Die Oligarchen beider Seiten verlangen für sich das gleiche “Recht”. Sie wollen auch. Und ihnen ist es scheissegal, wer und wieviele dafür sterben müssen.
Kulturell in seiner ganzen Toxizität naheliegend ist daher die Aufforderung des Mr. Musk gegenüber dem Herrn Präsidenten Putin zum Duell. Ich wäre versucht dem zuzustimmen, wenn sie es nicht auf diesem Planeten austragen würden, sondern irgendwohin fliegen, wo sie niemanden belästigen.
Es gibt auch ernsthafte Einlassungen zum Thema. Eine ist von dem bejahrten Militärhistoriker und Friedensforscher Wolfram Wette im Interview mit der Kontext-Wochenzeitung (Oliver Stenzel). Wette spricht nachdenklich, reflektiert, abwägend. Eine weit medienkompatiblere Textur beherrscht Adam Tooze, der kürzlich von der SZ vernommen und geradewegs digital eingemauert wurde (nur gegen Geld und Datenraub zugänglich, zu entrichten an die SWMH). Mr. Tooze spricht ausgezeichnet deutsch, so dass die Frage naheliegt, warum er noch kein lauterbachähnliches Feldbett in deutschen TV-Talkshows hat. Dass das nicht so ist, sagt mehr über die Meinungsvielfalt in hiesigen Medien aus, als irgendeiner*m Demokratin*en unter uns lieb sein kann. Wenn Sie Tooze in der SZ lesen möchten, müssen sie einem mir sehr gut Bekannten fragen, ob er Ihnen eine Kopie zukommen lässt, selbstverstämdlich nur zum privaten, nichtgewerblichen Gebrauch. Die arme SWMH soll doch nicht verhungern …
Mal was Anderes? Auch woanders gibt es Krisen. Hat nur keine*r Zeit hinzugucken. Ausser Bernhard Schmid, der aus meiner Sicht seit etlichen Jahren beste deutsche Frankreich-Korrespondent. In der Jungen Welt gab er seine Bestandsaufnahme zum real existierenden französischen Neokolonialismus.
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