Barbara Unmüßig geht in Rente. In ihrer Bonner Zeit waren wir befreundet. Es gab ein paar schöne Sonntagnachmittage im damaligen Haus von Marie-Theres Knäpper und Ludger Volmer in der Godesberger Sedanstrasse. Barbara hatte, u.a. gemeinsam mit unserem Freund Peter Wahl, Weed mitgegründet, ein kleiner Verein, der eine wichtige Rolle in der globalisierungskritischen Bewegung spielte. Dort war sie Vorsitzende, bevor sie das gleiche Amt in der Böll-Stiftung übernahm. Dass sie dort Ralf Fücks als Mitvorsitzenden ausgesessen hat, und darüber im taz-Interview keine böse Silbe verliert – boah ey, Respekt! Was für eine integre Kämpferin. Was Barbara berufslebenslang geleistet hat, dafür wäre ich ein zu fauler Sack gewesen. Und Mann.
Carl Amery
Carl Amery wäre gestern 100 geworden. Beim Aufwachen erinnerte ein evangelischer (!) Autor, Peter Oldenbruch, im DLF an diesen Vordenker der Grünen (Audio 15 min), als es noch 20 Jahre dauern sollte, bis die geboren wurden. Oldenbruch legte einen Schwergewicht seiner Erinnerung auf die “Askese”, das trieb mich vom Radio weg. Ich weiss, dass Amery das predigte. Gleichzeitig war er aber viel zu sehr Bajuware, um nicht selbst das Leben auf seine selbstgewählte Art in vollen Zügen zu geniessen. Wie so viele habe ich ihn, der, ebenso wie bis heute Hans Conrad Zander, seine Texte selbst einsprach, damals regelmässig im Kritischen Tagebuch des WDR (verstorben 2003) gehört. Das war akustisch so kraftvoll, wie es die hochklassigen Profisprecher*innen des Senders – naturgemäss – nicht vortragen können.
Thomas Leinkauf & Alexander Osang
Gedanklich aufwühlend, was Thomas Leinkauf und Alexander Osang im Interview (Wiebke Hollersen, Sören Kittel) mit der Berliner Zeitung erzählen. Für uns Wessis eine andere Welt. Das kennen wir nicht. Sollten wir aber, wenn uns das Zusammenleben mit den “Anderen” interessiert.
Geheimdienste und ihre IMs
Ich dachte über meine praktischen Kontakte mit der westlichen Geheimdienstwelt nach. Es gab einen Ausforschversuch aus der sowjetischen Botschaft. Es gab Geld für den Studentenverband LHV vom Inlandsgeheimdienst (in bar) – das erzählte mir mein Verbandsvorsitzender bei einem abhörsicheren Spaziergang durch die damalige Baustelle der heutigen Bonner Rheinaue; er wurde später Staatssekretär einer Landesregierung. Im NRW-Landesvorstand der Jungdemokraten waren – mehrmals – IMs des Inlandsgeheimdienstes aufgeflogen. Ein Anderer machte sich an meine damalige Freundin ran, als wir uns gerade trennten. Er verschwand danach spurlos. Ich wurde von einem Verbandsmitglied aus einer weit entfernten Stadt als Agent in Verdacht gebracht. Ich reiste sofort an, um ihn zur Rede zu stellen. Er stellte das Gerede – beeindruckt? – danach ein.
1987 nahm ich meinen ersten sozialversicherungspflichtigen Job an. Bei einem Friedenskomitee, von dem ich wusste, dass es – entweder von der damaligen DKP, oder direkt von der DDR – relevant finanziert war. Gorbatschow war schon im Amt, ich wollte es wagen. Das ging dann 1990 hart und schnell zuende. Meine Akteneinsicht bei der “Gauck-Behörde” ergab, dass ein damaliger – heute verstorbener – Kollege IM war. Hatte mich nicht mehr überrascht.
Ich habe mir eine gesundheitsfördernde Allergie gegen dieses demokratiefeindliche Milieu bis heute erhalten. Wer ernsthaft glaubt, die würden vor irgendwas “schützen”, ist schon auf sie reingefallen. Sie sind integraler Teil der Gefahr.
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