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Durchgefallen

Wundersame Bahn C

Mein gestriger Test des “9-Euro-Tickets” zwischen Bonn und Köln-Ehrenfeld ergab für den Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und die Deutsche Bahn Regio ein, auch für mich erfahrenen Bahn-Hasen,  überraschend eindeutiges “Durchgefallen”. Und das kam so.

Hinfahrt von Bonn Hbf. nach Köln-Süd: volle aber nicht überfüllte 62 zum Hbf., kein Problem. Am Hbf. wurde die Mittelrheinbahn mit 30 Min. Verspätung gemeldet, ebenfalls kein Problem. Ich war im RE5 dahinter verabredet, der mit nur 6 Min. Abstand folgen sollte, so dass die langsamere Mittelrheinbahn, die immerhin drei- statt zweiteilig fuhr, die Bahnsteige für ihn leerräumte. Dennoch waren auch seine Stehplätze gut gefüllt. Mir hatte eine am UN-Campus zugestiegene Freundin einen Sitzplatz freigehalten. Super. Wir amüsierten uns über die Display-Informationen, die uns empfahlen, uns “nicht nebeneinander” zu setzen, und “Abstand” zu halten. Hahaha.

Es folgte ein entspannender Spaziergang durch Kölns Grünanlagen mit einem lustvollen abschliessenden Abendessen. Ich strebte in Köln-Ehrenfeld den – sicherheitshalber! – drittletzten Zug nach Bonn-Beuel an. In der Wartezeit informierte eine Angabe an der Bahnsteiganzeige und eine Lautsprecherdurchsage, dass die Bahnstrecke zwischen Troisdorf und Menden wegen eines Feuerwehreinsatzes gesperrt sei, und von Troisdorf bis Linz ein Schienenersatzverkehr per Bus eingerichtet sei. Blödes Pech dachte ich, und kalkulierte im Kopf, ob ich ab Köln Hbf. nicht eine linksrheinische Verbindung bevorzugen sollte.

In der Wartezeit verliessen zwei S-Bahnen Köln-Ehrenfeld Richtung Siegburg, wo theoretisch eine Stadtbahnlinie 66 Richtung Beuel erreichbar gewesen wäre. Nachdem die S-Bahnen weg waren, erklärte die Ansage, dass meine Regionalbahn (und auch die zwei fahrplanmässig folgenden) komplett ausfalle. Theoretisch verkehrt die ab Mönchengladbach – und warum nicht bis Troisdorf? Noch nicht einmal bis Köln Hbf. Was das mit der Feuerwehr in Menden zu tun haben sollte, blieb unklar.

Immerhin erschien in Ehrenfeld ein verspäteter RE1 aus Aachen, der mich zum Hbf. brachte. Theoretisch hätte ich dann noch die Rücklichter der Mittelrheinbahn nach Bonn Hbf. gesehen. Aber auf manche Dinge ist doch Verlass: sie hatte angekündigte 20 Min. Verspätung. Mit 30 Min. Verspätung erschien sie dann, und nur einteilig, also gut voll mit Passagieren und Fahrrädern, und so kaum in der Lage, Verspätung wieder aufzuholen.

In einem “Verkehrsverbund” denkt der Laie, würden die Verkehrsmittel aufeinander abgestimmt. Wenn eine volle Bahn aus Köln Bonner*innen spätnachts nachhause bringt, dann warten halt die “Anschlüsse”, bis sie da ist. Hahaha, wie naiv manche Leute doch sind.

Mein Durchgang durch den U-Bahnhof ergab, dass die nächste 66 nach Beuel “in 38 Min.” fahre. Oben an der Thomas-Mann-Str. sah es mit den Nachtbusverbindungen ganz ähnlich aus. Bewegung soll ja sehr gesund sein. Ob es nach Mitternacht Bonuspunkte vom Hausarzt gibt? Ich ging zu Fuss zum Adenauerplatz und wurde tatsächlich von keinem ÖPNV-Verkehrsmittel überholt. Nachts um 1 ist Bonn “geschlossen”, die Bürgersteige hochgeklappt. Immerhin: eine Feiergesellschaft am Brückenforum liess sich davon nicht irritieren.

Fazit: von Tür (in Ehrenfeld) zu Tür (zuhause in Beuel): 2 Stunden. Früher schaffte ich in dieser Zeit Münster-Bonn. Da “wir” ja Autarkie von allen “Bösen” in der Welt anstreben, war das vielleicht ein alltagskultureller Vorgeschmack, was das praktisch bedeutet. Mann lernt nie aus.

Was kann ich Ihnen fürs kommende lange Pfingstwochenende raten? Halten Sie sich von allen Verkehrsmitteln fern! Vor allem am Freitag und Montag. Machen Sie was Schönes zuhause, oder in fussläufiger Umgebung. Es soll sowieso Gewitter geben. Das würde passen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Andreas

    Das spricht mir aus der Seele, viele Jahre Pendeln zwischen Bonn und Ehrenfeld waren regelmäßig von ähnlichen Erlebnissen geprägt. Dabei ist die rechtstheinische Bahn noch sehr zuverlässig, im Vergleich zur linksrheinischen.
    Mit dem Faltrad geht’s. Da spart man sich den Anschlussbus und kann, wenn nix mehr geht, auch mal die komplette Strecke radeln, was ich auch regelmäßig gemacht habe, denn bei Großstörung in Köln Hbf kommt man auf keiner Rheinseite mehr nach Hause.
    Und genau diese Erlebnisse werden wohl leider auch dafür sorgen, dass viele Menschen festellen, dass ÖPNV auch für 9 Euro in vielen Regionen keine Alternative im Alltag ist.

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