Ich weiss nicht warum. Weil “Jahrestag” ist, erinnern sich plötzlich alle Medien wieder an die Hochwasserkatastrophen des Vorjahres. OK, viele sind dabei, die das Thema kontinuierlich bearbeiten. Auch der gerne von mir scharf kritisierte WDR ist es, der in der Aktuellen Stunde wie auch in “unserer” Bonner Lokalzeit regelmässig über die Lage und die Probleme des Wiederaufbaus berichtet. Konsequenzen in der deutschen Klimapolitik sind dagegen nur wenige zu erkennen. Aus der Jahrestagschwemme möchte ich zwei Beiträge hervorheben.

Das Interview von Ahrweiler Landrätin Cornelia Weigand hatte ich schon erwähnt. Die FAZ hat das – sehr, sehr bedauerlich – digital eingemauert. Ich kann Extradienst-Leser*inne*n jedoch Räuberleiter-Hilfe über die Mauer anbieten, auf Anfrage. Der andere Beitrag ist von Volker Mrasek/DLF, der zum Team der von mir hochgeschätzten Nachmittagssendung Forschung aktuell gehört. Hochwasserschutz an Ahr und Erft: Nach der Flut ist vor der Flut – Wie kann ein Hochwasserereignis in Zukunft verhindert werden, noch dazu, wenn sich Wetterextreme weiter verstärken? Ein Jahr nach der Katastrophe gibt es viele Konzepte. Neue Schäden sind aber programmiert, denn viele Häuser wurden dort wiederaufgebaut, wo sie vorher standen – in der Gefahrenzone.” Diesen Beitrag haben Sie mit Ihrer Haushaltsabgabe bereits bezahlt. Nach dessen Genuss wissen Sie das Wichtigste.

Konterrevolution

Das globale Katastrophenphänomen analysiert Robert Misik/taz. Der Kerl versteht was von dialektischem Denken. Das sind nicht mehr viele. Und er erklärt einleuchtend richtig, dass der Lauf der Geschichte nicht determiniert, niemals zwangsläufig ist, sondern immer von Menschen beeinflusst wird – im Guten wie im Schlechten. Das heisst: eine Entscheidung ist nie “endgültig” gefallen, sondern bleibt auch danach ständig umkämpft. So geht Politik. Das heisst auch im Guten wie im Schlechten: nichts und niemand ist “auszurotten”. Wer so redet ist entweder ahnungslos oder demagogisch. Oder beides.

Eine ökonomische Analyse der globalen Krisenlage – abseits von Gut- und Böse-Kategorien – liefert Jörg Goldberg/Junge Welt: “Globalisierung als Wirtschaftskrieg – Die Sanktionen gegen Russland befördern die Fragmentierung der Weltökonomie. Der globale Süden wendet sich ab”. Dieser Beitrag wird in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv verschwinden.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net