Wir leben ja bekanntlich in einer Welt, in der jeder fast alles was nicht ausdrücklich geheim gehalten wird, erfahren kann. Doch was wissen wir über die Situation in den Krankenhäusern, die großenteils inzwischen nicht mehr dafür da sind, die sich ihnen anvertrauenden PatientInnen gesund zu pflegen, sondern Gewinne zu erwirtschaften, für mehr oder weniger fiese Typen, die mit der Krankheit anderer Menschen ihre Geschäfte machen. Meiner Auffassung nach gehören Krankenhäuser nicht die Hände solcher Leute wie dem, der derzeit Gesundheitsminister ist.
Karl Lauterbach ist nämlich in erster Linie Gesundheitsökonom. Als solcher, und damals konsequenterweise als CDU-Mitglied, gehörte er u.a. der Rürup-Kommission an, die sich vor allem damit befasste, wie einige wenige noch mehr Geld mit der eher kranken Gesundheitspolitik verdienen können.
Lauterbach trat noch wenige Monate vor Beginn der für ihn bekanntlich äußerst karrierefördernden Pandemie für die Schließung zahlreicher Krankenhäuser ein. Gemeint waren die noch im öffentlichen Besitz befindlichen, denn der spätere Gesundheitsminister war damals noch Aufsichtsratsmitglied der Rhön-Kliniken.
Dies vorausgeschickt – zurück zu dem, was die Öffentlichkeit nicht weiß, aber wissen sollte. Zu dem, was die meisten von uns sicher nicht wissen, gehört der Alltag in den Krankenhäusern. Hier hilft jetzt eine Internetseite weiter, die sich Schwarzbuch Krankenhaus nennt. Dort veröffentlichen Menschen aus dem Gesundheitswesen ihre Erfahrungen, ihren Alltag, den sie kaum noch aushalten können. Unter der Überschrift “Notruf NRW” erklären sie, warum es die Seite gibt:
“Auf dieser Seite haben wir, Klinikbeschäftigte aus allen sechs Unikliniken, erstmalig eine Auswahl von Berichten aus dem Schwarzbuch Krankenhaus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Über Personalmangel wird viel gesprochen. Aber über die gefährlichen bis tödlichen Konsequenzen von Unterbesetzung im Krankenhaus kaum. Wir können das Schweigen über diese Zustände nicht länger verantworten. Jeden Tag kommen in Deutschlands Krankenhäusern PatientInnen durch Unterbesetzungen zu Schaden. In der laufenden Tarifauseinandersetzung um Entlastung haben wir hunderte Erfahrungsberichte aus unterbesetzten Diensten in einem Schwarzbuch Krankenhaus zusammengetragen… Es macht wirklich keine Freunde, das zu lesen – aber wir sollten es tun und Konsequenzen daraus ziehen, gegenüber dem seit Wochen streikenden Personal in den Uni-Kliniken und vor allem gegenüber den verantwortlichen PolitikerInnen, die eher unverantwortlich handeln. Sie haben 100 Milliarden Euro für mehr Krieg, aber zu wenig Geld für die MitarbeiterInnen in den Kliniken.
Eine Schilderung aus einem Kreißsaal:
“Ich wollte ihn gerade putzen lassen, da hörte ich laute Rufe der Ärzte aus dem CTG-Zimmer: Die Herzfrequenz des Babys war stark abgefallen. Plötzlich kamen zwei Ärzte rechts und links mit der Patientin in ihrer Mitte eingehakt auf den Flur und riefen einen Notkaiserschnitt aus. Und jetzt? Kein anderer Kreißsaal war frei, der OP besetzt. Nur der eine Kreißsaal mit einem völlig blutverschmierten Kreißbett einer anderen Patientin war nicht belegt. Das rief ich den Ärzten zu. Ihre Antwort lautete: „Wirf einfach Laken drüber“. Schon wurde die Patientin auf das Kreißbett „manövriert“. In aller Deutlichkeit heißt das: Sie musste – mit weit aufgerissenen Augen, sichtbar schockiert und mit nackten Füßen – über den Flur zu ihrem eigenen Notkaiserschnitt laufen. Wir hatten in diesem Dienst einfach nicht die Kapazität, diese Frau zu betreuen bzw. eine Pathologie des CTGs rechtzeitig zu bemerken, weil alle verfügbaren Hebammen zu viele Gebärende gleichzeitig betreuen mussten…”
Manche der Schilderungen mochte ich nicht bis zum Ende lesen. Dennoch empfehle ich dieses ständig aktualisierte “Schwarzbuch”.
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