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Nukleares Kamikaze wieder da!

Wer kennt sie nicht, die amerikanischen Filmstreifen aus dem Kalten Krieg? “Duck and Cover” – was haben wir in der Friedensbewegung gelacht über diese absurden, die Gefahren des Atomkriegs verharmlosenden Streifen. Ich erinnere noch das “ABC-Handbuch” meines Bruders, der 1962 – anders als ich 1974 – nicht verweigerte, sondern bei der Bundeswehr Grundwehrdienst ableistete. Ein Feldrain, eine Mauer und noch besser eine Abdeckung aus Wellblech wurden da ernsthaft als Lebensrettend gegen den Atomblitz dargestellt. Die Kubakrise war allgegenwärtig, seitdem bevorrateten meine Eltern Konserven für 14 Tage – bis zu ihrem Lebensende.

Der Kalte Krieg senkte die Schwelle der Verharmlosung bis in höchste Regierungskreise. Ich empfehle einen Besuch im Museum des ehemaligen Regierungsbunkers in Ahrweiler (von der Flut nicht betroffen). Für 30 Tage sollten dort Bundesregierung, Notparlament, Bundespräsident, Teile des Bundesrates und des Bundesverfassungsgerichts einen Atomkrieg überleben. Auch ein WDR-Studio (Radio und Fernsehen) waren vorgesehen. Stellen Sie wie ich die Frage, was denn am 31. Tag gewesen wäre – Sie werden eine interessante Antwort bekommen.

Friedensbewegung der 80er hat Atomgefahren aufgedeckt

Erst durch die Friedensbewegung und die Grünen rückte in den 80er Jahren im Zuge der “Nachrüstung” die Realität der nuklearen Bedrohung ins Bewusstsein der Bevölkerung. Heute scheint vieles davon aus dem kollektiven Gedächtnis entschwunden. Die US-Atomraketen und -Bewaffnung für deutsche Bomber in Büchel, die Rolle des riesigen Stützpunktes der USA in Ramstein, von dem aus Drohnen bis Afghanistan gesteuert werden – all diese Details kamen erst in den 80er Jahren ans Licht und machten deutlich, wie tief die Bundesrepublik – und auch die DDR – in die Atomkriegspläne der USA und UdSSR als Schlachtfeld verstrickt war. Daran hat sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und des “Warschauer Paktes” nicht wirklich viel geändert.

Auswirkungen des Nuklearkrieges spürbar gemacht

Irgendwann erschien es einer Mehrheit der Bevölkerung nach den Erkenntnissen über die Folgen eines Nuklearkrieges  absurd, was ihnen durch die offizielle Politik – der Schmidt/Genscher und viel schlimmer der Kohl/Genscher Regierung über den NATO-Nachrüstungsbeschluss vermittelt wurde. Die Analysen von Dieter S. Lutz oder Otfried Nassauer, die Demonstrationen gegen den Nachrüstungsbeschluss 1981, 1982 und 1983 in Bonn, organisiert von einem breiten Bündnis, das ohne Manfred Stenner nie zustande gekommen wäre, waren bahnbrechend aufklärerisch. Vor allem aber auch der Film “The Day After”, der den damaligen republikanischen Präsidenten Ronald Reagan, der selbst in den 50er Jahren ein B-Hollywood-Schauspieler gewesen war, zutiefst beeindruckt haben soll, sodass er unerwartet zügig die START-Verhandlungen zur nuklearen Rüstungsbegrenzung mit der Sowjetunion zu einem positiven Abschluss brachte.

Naive Nach-Wendegeneration ?

Dies alles, könnte man meinen, scheint in der Generation Smartphone und Ichbezug auf (a)sozialen Netzwerken nicht vergessen – nein, es hat noch nicht einmal die Bewusstseinsschwelle bei vielen Rezipienten dieser Scheinrealität erreicht, was atomare Auseinandersetzung bedeuten würde. Und selbst die Außenministerin scheint nicht kapiert zu haben, wie ernst die Lage und wie wichtig Diplomatie ist. Wieviele Gefangene hat dieser lächerliche Auftritt mit dem türkischen Aussenminister in der letzten Woche befreit? Hat etwa je jemand nachgefragt, wieviele Millionen oder Milliarden D-Mark Genscher damals 1989 der Tschechoslowakei und der DDR zusagen musste, um die Botschaftsflüchtlinge aus Prag zu befreien? Und wie völlig egal wäre das gewesen, angesichts des grandiosen Ergebnisses?  Wann kommen die derzeit “Regierung” spielenden Personen in der Realpolitik an?

Ernsthaftigkeit, Realpolitik statt Menschenrechtsgeschwurbel

Wie naiv inzwischen die US-Politik wieder gegenüber den Gefahren des Atomkrieges steht, macht der aktuelle Beitrag der Stadt New York deutlich, er schlägt im wahrsten Sinne des Wortes dem Fass den Boden  aus. Ungefähr das gleiche Niveau, auf dem der Besuch Nancy  Pelosis in Taiwan lag. Wenn beide Seiten cool sind, buchen sie das unter “Wahlkampf der Demokraten vor den Midterms” ab. Wenn nicht, wird die Welt nicht sicherer.

Über Roland Appel:

Roland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. dakloifarwa

    Na dann: Stay Tuned! 🍻

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