Wer will dazugehören, zu flegelhaften Herrschenden?

1992 soll mal zur Debatte gestanden haben, in die taz Investor*inn*en einziehen zu lassen. Hans Christian Ströbele soll es mitverhindert haben, die taz-Genossenschaft entstand. Daran fühlte ich mich erinnert, wie der ansonsten kompetente taz-Medienkolumnist Steffen Grimberg an Deutschlands despotischstem Medienoligarchen Mathias Döpfner ausgerechnet kritisiert: “Und sät wie diese durch solche Spielchen Zwietracht, die Gesellschaften spalten kann.” Gespaltene Gesellschaft, ogottogott, lasset uns beten.

In der taz scheinen auch die guten Leute zu denken, dass sie jetzt dazugehören, dass sie oben sind. Weil sie ja jede Menge Regierungsmitglieder persönlich kennen, manche sogar mögen. So kann mann sich irren. Das grosse Kapital kann nur herrschen, wenn es ausbeuten kann. Dafür braucht es die, die für das Kapital arbeiten und somit Mehrwert produzieren. Und die, die ihm seine Produktion abkaufen, seien es nun Waren oder Ideologien. Das Kaufen von Medien als Ware, z.B. gedruckte Zeitung, hat stark nachgelassen. Es wird derzeit umgestellt. Es wird Ideologie geliefert, weitgehend kostengünstig oder sogar kostenfrei, und die*der doofe Käufer*in zahlt mit ihren*seinen Daten. Mit denen lässt sich weit mehr Mehrwert produzieren, als in den ollen fabrikartigen Druckereien.

Döpfner ist unter Deutschlands Medienzaren einer der ganz wenigen, die das begriffen haben. Selbst er war spät dran. Google/Alphabet, Facebook/Meta, Amazon, Apple u.a. haben sich den Datenmarkt schon weitgehend aufgeteilt. Döpfner will mitspielen und ist, das beurteilt Grimberg richtig, im Vergleich zu denen ein Kleiner. Besser so. Auch das sieht Grimberg ähnlich.

Der Glaube an eine ungespaltene Gesellschaft ist jedoch fast kindisch. Oder bewusste Ideologieproduktion. Da muss sich der Kollege Grimberg mal entscheiden.

Wir in Bonn wissen, wie sich abgewählte Herrschende benehmen – dabei kennen die in Berlin den Smerling als “bösen Bonner” doch auch: sie machen in der Stadt, die sie als ihr rechtmässiges Eigentum ansehen, einfach weiter was sie wollen, und das, wie Patrick Bahners in der FAZ, die es ja wissen muss, offen und ehrlich schreibt: “flegelhaft”.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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