Extradienst-Leser*innen lesen “gerne” über den Krieg. Sicher nicht, weil Sie sich amüsieren wollen. Eher aus Hunger. Manche wissen es, andere spüren es nur – das Angebot der handelsübliche Leitmedien ist – höflich formuliert – nicht ausreichend. Viele Perspektiven kommen nicht/kaum vor. In und während Kriegen ist das üblich. Die Berichterstatter*innen machen sich selbst zur Partei, auch solche aus neutralen Ländern, für das Gute, gegen das Böse. Konsument*inn*en merken, dass ihnen ein eigenes Urteil nicht mehr überlassen, sondern vorgekocht wird. Selbstverständlich nur aus gutem Willen – was sonst auf der Seite des Guten?
Das ist keine Neuigkeit des Ukrainekrieges. Wohin das schon in den letzten rund 15 Jahren geführt hat, erläutern Elisa Simantke und Harald Schumann/Investigate Europe in einem Buchbeitrag, den bruchstuecke.info soeben dokumentiert hat: “Europas Krisen und das Versagen des Journalismus”. Mein Misstrauen gegen das hierzulande vorherrschende Niveau von Journalismus ist in exakt der hier beschriebenen Zeit und an ebendiesem Thema überdimensional gewachsen. Es ist geradezu ein Menetekel für die Branche, dass es von Amateur-Blogs übertroffen werden kann.
Wie konnte es so weit kommen? Eine Erklärung bietet der grossartigste und informativste Beitrag, den ich in meiner heutigen Tageslektüre gelesen habe. Er ist von einer Praktikantin! Pia Pentzlin/uebermedien: “Bieten: Praktikum. Suchen: eine Person, die sich das leisten kann. – „Es ist ein Teufelskreis. Der Journalismus schreit immer nach mehr Vielfalt. Aber es wird nichts dafür gemacht. Das ist absurd.“
Sogar die (Selbst-)Bezeichnung “Erstes Deutsches Fernsehen” ist Fake. Und ich habe von Kindheit an daran geglaubt. Kapitalistischer Lug und Trug. Der real existierende Sozialismus war schneller.
Und jetzt zum Krieg
Henry Kissinger wird Ende Mai 23 Hundert. Wenn er es bis dahin schafft. Sieht so aus. Ruhe gibt er nicht. Selbst zertifizierter Kriegsverbrecher weiss der Mann zumindest, wovon er redet, weil er Dinge getan und erlebt hat, die Anderen erst noch bevorstehen. Sie werden nicht auf ihn hören. Der Mensch lernt erst durch eigene Traumata. Thomas Pany/telepolis: “Ukraine-Krieg: Wie lautet die Friedensformel? – Der ukrainische Präsident Selenskyj will einen Gipfel für seine Formel. Ex-US-Außenminister Kissinger schlägt einen Friedensprozess vor, mit Verhandlungen und Abstimmungen. Den Unterschied macht die Rolle Russlands.”
Florian Rötzer/overton interviewte Wladimir Wladimirowitsch Sergijenko, der in Russland und im russischsprachigen Europa aufgrund seiner Radiosendung „Eurozone“ bekannt ist, die mehrmals wöchentlich im staatlichen Radio „Vesti FM“ läuft: “Ukraine-Krieg: Wir kennen die Wahrheit nicht, es fehlt zurzeit Neutralität – Die USA scheinen, das bestätigt der Fall Gerasimov, der Ukraine nicht zu trauen und versuchen, diese zu steuern. Wie würde Russland reagieren, wenn Moskau angegriffen wird? Zwischen dem Westen und Russland steht eine Mauer des Misstrauens. Kriegsverbrechen begehen nur die jeweils Anderen. Es fehlen neutrale Instanzen.”
Chinesischer Humor
Bei den vorgenannten Leseempfehlungen ist nichts zum Lachen dabei. Das kommt jetzt. In China wurde die “NullCovid”-Politik ins Gegenteil gedreht. Obwohl das Land viel grösser ist und die viel mehr Leute sind, geht das dort in wenigen Tagen, wofür die deutsche Politik viele, viele Monate braucht. Naja, Kommandowirtschaft wollen wir ja auch nicht.
Zum Lachen jedenfalls geht der Chinese nicht in den Keller, sondern ins Netz und auf diverse asoziale Netzwerke. Darüber berichtet Guan Xin/overton: “Der grassierende Corona-Humor im Reich der Mitte – Endlich hat China eine harmlosere Virologen-Variante entdeckt und lässt von der Null-Covid-Strategie ab.”
Musk und Reichelt brauchen dringend Therapieplatz
Die Kolleg*inn*en von netzpolitik.org haben mit sich gerungen, ob sie das bringen sollen, und sich dafür entschieden. Hier meine Weiterverbreitung. Markus Reuter: “Wie die Fanboys von Elon Musk versuchen, Mastodon zu diskreditieren – Ein irreführender Blogartikel über Mastodon geht derzeit bei Elon Musks Fanboys und in rechten Kreisen viral – zuletzt auch in einer Publikation des Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt. Es handelt sich um Desinformation mit einer Art Mastodon-Pizzagate, die sich perfekt in die Verschwörungsideologie von QAnon einreiht. Ein Kommentar.”
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