Die Sanktionen gegen Russland sind sehr wirksam. Also ich persönlich spüre sie bei jedem Einkauf. Wie ich von Russland-Korrespondenten hörte, geht es mir damit ganz anders als den Menschen in Moskau. Dort spielen die westlichen Sanktionen angeblich im Alltag keine oder kaum eine Rolle. Die österreichischen Agrarausfuhren nach Russland stiegen angeblich sogar. Trotz Sanktionen: Österreichs Agrarexporte nach Russland stiegen um ein Drittel.

Wahrscheinlich treffen mich die Sanktionen als Bezieher einer recht bescheidenen Rente deutlich mehr als jene, die diese Politik gegen die eigene Bevölkerung zu verantworten haben. Ich bin ganz entschieden für die Instandsetzung und Nutzung von Nord Stream 1 und 2. Ich fände es auch angebracht und schön, wenn über Nord Stream Polen aus der EU austreten würde. Meinetwegen kann Polen ein Staat der USA werden. Das wäre ehrlicher und entspräche auch der polnischen Politik. Dafür fordere ich aber Sanktionen in einem Bereich, in dem die derzeitige Bundesregierung bisher keine möchte: im Atombereich, konkret bei der Uranbeschaffung und Anreicherung. Denn ohne Russland – keine Atomkraftwerke in Europa.

Illegales Uran aus “Südwest-Afrika”

Beim Atom funktionierte die systemübergreifende Zusammenarbeit schon immer prächtig. Ungestört von Ideologien. Denn durch die UN-Resolution Nr. 1 für Namibia wurde Südafrika untersagt, die Bodenschätze Namibias auszubeuten.

Während die Sowjet Union und die Warschauer Pakt Staaten – manche mehr, viele weniger – die Befreiungsbewegung SWAPO und den ANC in Südafrika unterstützten und Südafrika weitgehend boykottierten, gab es eine Ausnahme. Beim Uranhandel und dessen Anreicherung. Das Uran aus der völkerrechtlich illegal betriebenen Rössing-Mine und deren Verarbeitung durch westeuropäische und russische Firmen.

Bei der Verarbeitung des gestohlenen Urans spielten deutsche, niederländische, französische, britische und belgische Firmen prima zusammen. Die Uranfirmen in Russland und in der Europäischen Gemeinschaft, besonders Frankreich, Belgien, Niederlande und Deutschland. Die damals beteiligten Firmen waren u.a. Urenco im niederländischen Almelo und in Gronau, sowie das Uranlager in Lingen. Zumindest zeitweise angesiedelt auf einem Kasernengelände der Bundeswehr.

Heute spielt Rössing für die europäische Atomindustrie (meines Wissens nach) kaum noch eine Rolle. Wichtigster Uranlieferant soll Russland mit rund 20 Prozent sein. Weitere 20 Prozent stammen aus dem mit der russischen Regierung kooperierenden Kasachstan.

Auch ein Krieg gegen die Ukraine spielt in der jahrzehntelangen und vom Regimewechsel in Moskau ungetrübten atomaren Zusammenarbeit zwischen den EU-Staaten und Russland – bisher jedenfalls – keine Rolle. Uran für Atomkraftwerke: Europas gefährliche Abhängigkeit von Russland (rnd.de)

Keine Sanktionen bei Uran

Selbstverständlich gibt es in diesem Bereich keine Sanktionen. Warum das so ist, wollte ich vom Bundeswirtschaftsministerium erfahren.

Von der dortigen Pressesprecherin erhielt ich zunächst den Hinweis, dass ich mich “mit Fragen zum Thema Urananreicherung bitte an das für dieses Thema zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wenden” müsse. Aber ein bisschen Antwort gab es trotzdem: “Allgemein können wir Ihnen mitteilen, dass die Verordnung 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, Ausnahmen für zivile Tätigkeiten im Nuklearbereich vorsieht (vgl. z.B. Art. 1 u) und Art. 2 Abs. 4 c) VO 833/2014).”

Ministerien mögen nicht antworten

Ich habe es versucht mich durch diese Texte durchzuwühlen, bin aber gescheitert und wählte den bequemeren Weg, tat wie mir geraten, und schrieb eine weitere Email an die Pressestelle des Bundesumweltministeriums.

Auf meine Frage, ob es zutreffe, “dass wir auf russisches Erdgas zwar verzichten, die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland im Bereich Urananreicherung aber ohne jegliche Sanktionen weiter geführt werden” erhielt ich jedoch keine inhaltliche Antwort, sondern diesen Satz: “Zuständigkeitshalber würden wir Sie gerne an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verweisen.” Ich war natürlich sehr dankbar für diesen Hinweis und wandte mich, anders als mir nahe gelegt wurde, erneut an die Pressestelle des Bundesumweltministeriums.

Von dort erhielt ich einige Tage später eine Auskunft, die meine Annahme bestätigte – in Sachen Atom läuft alles weiter wie geschmiert. Vielleicht auch im wörtlichen Sinne – wer weiß …

Die Antwort: “Es besteht derzeit kein Ein- oder Ausfuhrembargo der EU gegen Russland für Kernbrennstoffe zur friedlichen Nutzung. Die Diskussionen zu diesem Thema unter den EU-Mitgliedstaaten dauern an. … Eine rechtliche Handhabe gegen Ein- bzw. Ausfuhren sowie für eine Aufhebung von erteilten Genehmigungen besteht damit nicht.”

Immerhin soll Deutschland sich für ein Verbot von EU-Unternehmen eingesetzt haben, die Finanzmittel für Metall- und Seltene-Erden-Minen in Russland bereitstellen, sowie für den Import von Uran.