Beueler-Extradienst

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Nicht übertreiben

Grenzen des Scholz-Verstehens – Best of 30. Januar 2023: DLF-Abschiede, Denkpanzer, Kujat, sich flach hinlegen/Tang Ping, Nazis im Fussball, Erdrotation, Weltraumschrott

Mit dem Aufwachen, ich habe es noch mal mit dem Deutschlandfunk gewagt, zeigte Sophia Boddenberg, die gelegentlich auch für die taz und die Ila schreibt, die Grenzen des Scholz-Vestehens in 4 Minuten (audio) präzise auf: “Streit um Lithiumabbau in Chile – Gefahren für indigene Gemeinden und Ökosystem”. Und hier wird das gleiche Thema von Jörg Kronauer/Junge Welt politisch ausgeleuchtet (in Kürze hinter Paywall).

Am Wochenende hatte ich einen langen “Abschiedsbrief” eines Extradienst-Lesers an den DLF erhalten, den ich gut nachvollziehen konnte. Dennoch sind solche Anstalten widersprüchliche Wesen. Es gibt in ihnen Nischen, im DLF nicht wenige, in denen guter Journalismus noch arbeiten kann.

“Wer entscheidet darüber, ob Deutschland auch militärische Führungsmacht Europas werden soll?” – diese berechtigte Frage stellt Sabine Schulz/overton. “Deutschland soll und will auch Führungsmacht werden. Mit emsiger Hilfe von Denkfabriken, die in die deutsche Außenpolitik funken.” Der englische Begriff “Thinktank” lässt sich wörtlich als Denkpanzer deuten – was könnte derzeit treffender sein? Die Autorin benennt namentlich nur einen minimalen Ausschnitt der entsprechenden Berliner Blasenlandschaft.

Derzeit geht ein Interview von General a.D. Harald Kujat viral, das er einem schweizerischen Medium gegeben hatte. Von deutschen Profimedien wird es so lautstark beschwiegen, dass es sich umso mehr verbreitet. Ich hatte es hier bereits am 21. Januar erwähnt und verlinkt. Mein Freund Christoph Habermann, den ich gelegentlich in der “Blauen Stunde” in der Bonner Nordstadt treffe, würdigte es vor einer Woche hier im “Blog der Republik”: “Ukraine: Verantwortungsbewusstes Handeln statt gefährlicher moralischer Überheblichkeit”.

躺平

Eine tatsächlich kluger Kopf in der FAZ, Mark Siemons würdigt ein globales Massenphänomen, das ich bereits vor einem Dreivierteljahr gewürdigt habe: 躺平 – zu deutsch: “sich flach hinlegen”. Siemons versteht da was von, war er doch 2005-14 Korrespondent in Beijing: “Stille Kündigung: Flachliegende aller Welt, vereinigt euch! – Hauptsache, die Ruhe von Körper und Seele bewahren, ob im Büro oder im Möbelhaus: In China nahm die inzwischen weltweite Bewegung gegen die bisherige Arbeitskultur ihren Ausgang. – Wozu die ganze Mühe, wenn die Zukunft so ungewiss ist? Seit der Pandemie wird in Ländern wie China, Amerika und zunehmend auch Deutschland ein Zweifel an der bisherigen Arbeitskultur laut.” Von der FAZ digital eingemauert. Doch es gibt Bohrer gegen die Wand.

Mein Blog-Maschinist und Bruder hat bereits auf die Ignoranz deutscher Medien zu den schmerzenden Jahrestagen (Auschwitzbefreiung) hingewiesen. Heute jährt sich das “Tausendjährige Reich”. Und? Was haben wir draus gelernt? Oder vergessen? Martin Krauss/taz hat da was, woran die dort Genannten alle nicht erinnert werden wollen: Hitlers Machtübernahme und Sport: Fußball ’33 – Schneller, als es den Nazis recht war, passten sich Sportvereine dem NS-Regime an. Sie warfen ihre jüdischen Mitglieder raus – ganz freiwillig.” Was ich tatsächlich in meinem Geschichtswissen nicht parat hatte: dieser deutsche Sport hatte es stellenweise noch eiliger als die Nazis selbst mit dem Vorantreiben des Faschismus.

And now something completely different

Hören Sie zur Einstimmung zunächst noch mal kurz den “Galaxy Song” von Monty Python aus ihrem filosofischstem Werk “The Meaning Of Life”. So, jetzt wissen Sie, was wir für kleine unwichtige Würstchen sind, die wir uns anmassen, diesen Planeten unbewohnbar zu machen. Und nun lesen Sie Studie zeigt: Kern der Erde dreht sich nicht mehr – Folgen an der Oberfläche – Der feste Erdkern ist stets in Rotation. Aktuell scheinen seine Bewegungen jedoch zu pausieren – im Verhältnis zur Erddrehung. Welche Auswirkungen hat das?” von Sophie Barkey und Torsten Harmsen/Berliner Zeitung.

Wenn Sie auf dieses Tortenstück noch ein bisschen Schlagsahne suchen, nehmen Sie das von Martin Holland/heise: Beinah-Kollision im Orbit: Zwei Satelliten wenige Meter aneinander vorbei gerast – Erneut ist eine Kollision von Weltraumschrott mit möglicherweise katastrophalen Folgen wohl nur knapp ausgeblieben. Um 6 m haben sich zwei Objekte verfehlt.” War ja klar, “der Russe” wieder.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

3 Kommentare

  1. w.nissing

    Zu Lithium noch wie ich finde 2 Artikel :
    https://amerika21.de/2023/01/262458/bolivien-china-lithiumproduktion

    und den von 2020
    https://amerika21.de/analyse/244844/bolivien-das-lithium-und-der-putsch

    durch “falsches” Putschen kann man sich auch aus dem Geschäft kicken ( interessant auch den Anteil der englischen Diplomatie am Putsch gegen Morales, Links gerade nicht präsent)

  2. joha

    Wurde die Abschiedsmail hier veröffentlicht? Würde mich sehr interessieren (und gerne solche E-Mails auch an den Hörerservice schicken, das geht normalerweise direkt an die Chefredaktion, das Deutschlandradio schätzt sachliches Feedback jeder Art. https://www.deutschlandradio.de/hoererservice-104.html)

    • Martin Böttger

      Nee, hier veröffentlicht nicht, dafür war sie nicht gedacht und geschrieben. Aber selbstverständlich ging sie an den Sender und wird dort dann den von Ihnen beschriebenen Weg nehmen.

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