Und: missachtete Dokumentarperlen
Glücklich ein Land, das keine anderen Probleme hat, als die Frage, wer in seinen überflüssigen TV-Talkshows Recht hat, und wer nicht. Ich bin immer dafür, die Dinge positiv zu sehen. Unbezweifelbar scheint mir, dass es überall auf der Welt einen Mob mit tiefsitzenden eliminatorischen Bedürfnissen gibt. Ich kenne das von mir: wenn morgens um 7 Laubbläser angehen, entsteht selbst in mir ein spontanes Bedürfnis nach schweren Waffen. So ähnlich geht es augenscheinlich auch den wenigen Menschen, die TV-Talkshows gucken oder dazu gezwungen werden. Das ist ja immer noch besser und mglw. therapeutischer als echter Krieg.
Wenn ich im DLF, wie heute morgen, “Nachrichten” höre, die der Regierungssprecher nicht schöner schreiben könnte, dann gibt es an meinem Radio-Receiver aus den 80er Jahren ganz praktische Knöpfe, auf die ich nur leise drücken muss, und schon geht es mir besser. Wäre sicher auch eine gute Idee für die Massen, die hooliganartig in asozialen Netzwerken aufeinander losgehen. Gewinnerin ist immer – wie beim Roulette – die “Bank”, also in diesem Fall der datenräubernde und Künstliche Idiotie (KI) entwickelnde IT-Konzern. Aber zweifellos besser, die Hooligans toben digital eingesperrt, als auf meinem sonnenbeschienenen Fussweg zum Mittagessen …
Wenn ich wissen will, was in den TV-Shows so los ist, genügt mir die 5-Minuten-Zusammenfassung der “Höhepunkte” vom Fachmann.
Empfehlungen: Türkei-Opposition, Wundersame Bahn, Infantino
Es gibt nicht nur Müll (“Trash”), sondern auch Perlen im Misthaufen.
Z.B berichtete Susanne Güsten hier über die Opposition in der Türkei (Audio 5 min), kurz vor den Wahlen im Mai. Das ist wichtig. Der DLF schwächt sich publizistisch selbst, weil er glaubt “aus dem Nutzerverhalten unser Hörer wissen wir, dass die Inhalte unserer Programme wesentlich mehr gehört als gelesen werden”. Darum wird die Veröffentlichung von Texten verringert, selbst wenn sie durch die Autor*inn*en längst geschrieben sind, und nur online gestellt werden müssten. Ein Bückling vor der niedergehenden Lobby der Zeitungsmilliardärsfamilien.
In Griechenland gab es eine Zugkatastrophe, über die ausgiebig gruselig berichtet wird. Wenig ist über die Hintergründe zu erfahren. Im FAZ-Wirtschaftsteil werden sie nur für Eingeweihte (Paywall) berichtet. Schäuble ist schuld. In der griechischen Schuldenkrise wurde die Regierung von Deutschland und der EU genötigt, Staatseigentum zu “privatisieren”. Der Hafen von Piräus ging an China (ganz freiwillig!), und Teile der Eisenbahn gingen an die italienische Staatsbahn FS. Investiert wurde seitdem kaum, noch kaumer in die Sicherheitssysteme. Und so geschah “menschliches Versagen” und die Verhaftung einzelner Sünder für die Medien … In Griechenland ist Wahlkampf (wie in der Türkei s.o.). Über die Deutche Bahn gibts ein ZDF-Feature “Was bremst die Bahn?” von Maik Gizinskis – das haben gestern mehr Leute geguckt als “Lanz”. Und wäre in Griechenland eine gute Idee gewesen.
Gestern gabs in der ARD eine Dokumentation “Infantino” von Benjamin Best, Robert Kempe und Matthias Schulte. Zur besten Sendezeit kurz vor der Tagesschau. 1,3 Mio. guckten zu, das war mager, aber immer noch mehr als “Maischberger”. Das der Klimavernichtung (“Wintersport”) zuglotzende Publikum nutzte die Zeit zum Toilettengang und Abendessenmachen. Derselbe “Wintersport” drückte den ARD-“Marktanteil” gestern unter 10% – das Publikum ist also weniger doof als seine Anstalten. Es verpasste gutes Dokumentarhandwerk, das auch vor Skurrilitäten nicht zurückschreckte, indem es den Infantino-Förderer und Patenonkel Sepp Blatter als Kronzeugen auffuhr. Das Politikproblem allerdings können auch die besten TV-Dokumentaristen nicht lösen. Der Gangster Infantino hat sich die Welt – ganz nach dem Vorbild Blatters – da draussen gewogen gemacht: die, die ihn mit ihrem Geld zuscheissen, und die armen Schlucker, denen er ein wenig davon zusteckt. Deutsche Aussen- und Fussballpolitik tut beides nicht, zeigt nur mit dem ausgestreckten Finger drauf, um ihr heimisches Publikum damit zu beeindrucken. Und wundert sich dann, dass sie auf Fifa-Kongressen so allein ist. Selbst in der europäischen Uefa sind die arabischen Feudalgeldsäcke längst eingedrungen. Mögliche Bündnispartner in Frankreich und Kleinbritannien sind schon unterwandert. Wie es parallel in der EU imgange ist (“Qatargate”, “Marokkogate”). Widerstand ist zwecklos? Ja, so denkt der DFB. Und die Bundesregierung sowieso.
Ich habe mir in der ARD-Mediathek nach Infantino “einen Wolf” gesucht. Suchen Sie selbst. Die stärkere Analyse war sowieso die vom Tom Theunissen und Olli Dittrich. Unübertroffen.
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