Und was hat das alles mit Robert Habeck zu tun?
Über 29% hat der SPD-Spitzenkandidat Bovenschulte noch der ersten Hochrechnung in Bremen geholt. Die Grünen haben katastrophal fast 5% verloren. Das Wahlsystem ist kompliziert, deshalb können die bisherigen Überlegungen nur vorläufig sein. Die Häme des Moderators im Tagesthehemen-Interview war unverkennbar: Mit wem werden Sie denn jetzt weiterregieren? Wird Bovenschulte nun die Giffey geben und mit der CDU koalieren? Noch ziert sich Bovenschulte, aber die Frage bleibt, ob das letzte Rot-rot-grüne Bündnis sich gegen die Konservativen in der SPD halten wird. Die Frage wird – das hat die Politiksimulation von Anne Will am Wahlabend wieder gezeigt – in einer bundesweiten Kampagne der CDU/CSU vorgeblich gegen Wärmepumpen – in Wirklichkeit gegen die Energiewende entschieden. Habeck, Graichen, Klimaschutz, Wärmepumpen – alles geht wunderbar durcheinander – gegen die Grünen.
Schulbeispiel einer verlorenen Strategie
Es lohnt sich wirklich, Anne Will vom 14.5. einmal anzuschauen, nicht wegen der zum Teil dümmlichen und falschen Inhalte, sondern um die Strategie zu erkennen, wie sich Czaja von der CDU und Robin Alexander als Vertreter der Springerpresse scheinheilig, sogar scheinbar sozial, die Bälle zuspielen, sogar die oberflächlich argumentierende Fraktionsvorsitzenden der “Linken” umarmen können und die eloquente und gut vorbereitete Ricarda Lang schachmatt setzen. Wieder gelang es dabei der CDU/CSU und der Springerpresse in Person des “Welt”-Chefredakteurs Robin Alexander, Robert Habeck als den Urheber allen Übels anzuprangern und mit unwidersprochenen Diffamierungen zu behaupten, dass die energiepolitischen Beschlüsse von “immer der gleichen Clique” rund um den Ex-Staatssekretär Jürgen Trittins und AGORA-Chefs Reiner Baake und dessen “Ziehsohn Graichen” getroffen würden. Czaya und Alexander gelang es, den Hauch der “Clique” und damit der Korruption wahrheitswidrig weiter zu köcheln. Das hat schon fast Trump-Qualität und verfängt.
Diffamierung ist Fakt und sie verfängt
In der Autoindustrie ist es heute z.B. üblich, dass Neuwagen mehrere Millionen Testkilometer in der Computersimulation hinter sich bringen, bevor sie gebaut und auf die Straße gebracht werden. Das gilt im übertragenen Sinn in diesem einen Fall idealtypisch für den Verlauf des ersten Teils dieser speziellen Politiksimulation bei Anne Will: Ich teile nicht die Inhalte der Protagonist*inn*en, sondern beschreibe hier, wie diese Auseinandersetzung verlaufen ist und empfehle den Grünen, Patrick Graichen und Robert Habeck, Schlüsse aus dem Verlauf und den Rollen der Akteur*inn*e*n in dieser Politiksimulation zu ziehen. Denn sie sind signifikant dafür, wie der politische Diskurs in den nächsten Wochen weitergehen wird. Vor zwei Wochen ging es um ein Besetzungsverfahren, letzte Woche um einen Staatssekretär. Gestern Abend ist die Debatte bei Robert Habeck angekommen. Abhilfe schaffen kann eigentlich nur noch Graichen selbst, indem er freiwillig zurücktritt. Unverzüglich. Sofort. Wie es in Bremen weitergeht, ergibt sich daraus von selbst.
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