Was tun, wenn man im falschen Film sitzt?
Manche bleiben im langweiligen Kinofilm einfach sitzen, nur weil sie die Kinokarte schon bezahlt haben. So ungefähr geht es Deutschland heute bei der Klima- und Wärmewende. Wichtige Vertreter unseres Landes haben sich in die „Versenkte-Kosten-Falle“ hineinmanövriert: Da, wo schon viel Geld reingeflossen ist, soll sich nichts ändern
– weil schon viel Geld reingeflossen ist – wär ja schade drum,
– weil man damit früher einmal guten Gewinn gemacht hat,
– weil ein zügiger Übergang zu neuen Technologien die alten Investitionen noch schneller entwerten würde.
Marx nannte solche Entwertungen „moralischen Verschleiß“. Das ist so wie beim einstmals ultrateuren Profi-Videorekorder, der heute auf dem Flohmarkt im Regen steht – weil die Hi-Res-Kamera längst auf dem Handy ist.
Wer solche Entwicklungen einfach aussitzen will und deshalb im falschen Film sitzen bleibt, verpasst, was in der Zwischenzeit anderswo passiert. China – selbst ein übler Karbon-Sünder, aber bei den postkarbonaren Technologie-Revolutionen vorn mit dabei (E-Mobilität!), freut sich über das versenkte Stupid German Money und an dessen ehemals erfolgreichen Industrien, die noch immer im alten Film sitzen. Es freut sich vor allem über die strukturkonservative Nachhut solcher Industrien in Union, FDP und leider (Schröder!) auch bei der SPD – an Vertretern, die glauben, die Entwertung der KarbonARTEchnologie politisch verhindern zu können. Eine Studie in GB rechnet damit, dass der Wert von Investitionen in vielen karbonar basierten Industrien bis Mitte der 2030er Jahre bei Null sein wird. Da wird Politik nix dran ändern. Wenn sie es dennoch versucht, blockiert sie die Zukunft des eigenen Landes.
Der „moralische Verschleiß“ ist einer der Hauptgründe für die 16 Jahre Stillstand, die wir in der Bundespolitik hinter uns haben. Denn der hing nicht einfach an müden Ministern wie Altmaier, an be-scheuerten Verkehrsministern, an Gerhard Schröders verbliebenem Einfluss auf die SPD oder an einer Kanzlerin, die den Konflikt scheute wie der Pferdefüßige das Weihwasser. Die Welt sollte stillstehen, weil Bewegung die Entwertung von alten deutschen Investitionen bedeutet hätte. Es ging um den verzweifelten Versuch, so viel wie möglich von der alten karbonaren Welt am Laufen zu halten. Und da der Verschleiss „moralisch“ ist und nicht so sehr in Abnutzung, sondern in Notwendigkeiten des Technologiewandels gründet, half man eben dabei, diesen Wandel zu blockieren – mit fast allen Mitteln, Stichwort: Dieselbetrug.
Das „Moral“-Problem unseres Landes sind deshalb nicht „moralisierende“ Klimaschützer (die sich übrigens eher für langfristige Interessen als für „Moral“ engagieren). Es liegt im harten ökonomischen Faktum des „moralischen Verschleisses“ von alten Technologien – und der zukunftsblinden Reaktion von strukturkonservativen Eliten darauf – in einer Politik, die sich im Horizont kurzfristiger Interessen hat einmauern lassen.
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