mit Update nachmittags

Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht. Ich gehöre mittlerweile zu den Vielen, die der Kriegsberichte überdrüssig sind. In dem klaren Bewusstsein, dass es sich bei ihnen – ob gewollt oder instrumentalisiert – sowieso weit überwiegend um Propaganda handelt. Andere haben masochistischere Adern als ich. Roland Appel guckt TV-Talkshows, Reinhard Olschanski verfolgt die Werke von Militärbloggern (Frauen nach meinem Eindruck nicht mitgemeint). Meine potenziell grösste (Selbst-)Quälerei ist allenfalls das Hören des Deutschlandfunks, mit immer häufiger angetretener Flucht.

Doch es gibt einen, dem ich meinen Respekt und meine Anerkennung aussprechen will, der für mich so eine Art “Leitmedium” ist, weil er von einem ähnlichen politischen und medialen Grundverständnis ausgeht, und sich der Quälerei anders als ich beständig aussetzt. Warum? Keine Ahnung. Ich meine Florian Rötzer/overton. Wenn ich wissen will, was derzeit wirklich los sein könnte – ein bewusst gesetzter Konjunktiv! – dann fühle ich mich bei ihm richtig – wissen kann ich es ja nicht.

Aber heute z.B. kümmere ich mich lieber um das aktuelle Fussballgeschehen. Klar ist das Eskapismus. Aber den beanspruche ich für mich. Ich werde ja sonst auch nicht um meine Meinung gefragt.

Update nachmittags

Wenn Sie anders als ich heute Nachmittag Zeit haben, dann lesen Sie doch diese kluge Abhandlung von Stefan Krempl/heise – ein guter Mann! – zur DSGVO: Missing Link: 5 Jahre DSGVO – ‘Die gezielte Panikmache hat sich gelegt’ – Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung. Sie hat hiesige Grundsätze wie Datenminimierung bekannt gemacht und entzweit bis heute die Gemüter.”

Und wenn Sie eine Vorliebe für die provinziellen Bonner Scharmützel haben, dann sind Sie hier gut bedient: Philipp Fess (Interview)/telepolis: ‘Der Versuch, Unrecht aufzudecken, wird vereitelt’ – Interview mit Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Über Cancel Culture, unbequeme Bekenntnisse, trügerische Narrative und das Ende des demokratischen Zeitalters. (Teil 1)”. Zu Frau Guérot und ihren Meinungen kann mann*frau an vielen Stellen unterschiedlicher Meinung sein. Ich habe keine Stelle entdeckt, die für irgendein demokratisches System gefährlich wäre, für den herrschenden Kapitalismus sowieso nicht – alles ungeeignet, um sie zur Märtyrerin zu machen. An manchen Stellen spricht eine verirrte bürgerliche Liberale. Z.B. musste ich hier sehr lachen: “Vertuscht werden Dinge normalerweise nur in nicht-demokratischen Systemen.” Oder hier: “Es kann in einer offenen Gesellschaft prinzipiell keine Themen geben, für die jemand ausgegrenzt werden muss, wenn wir an den herrschaftsfreien Diskurs von Habermas denken. Dann zählt immer nur das bessere Argument, keine Ausgrenzung, und keine Moralisierung.”

Ich kenne viele Liberale, die ihre Freiheit von jeglicher materialistischer Analyse sehr geniessen. Vor allem auf Lehrstühlen funktioniert das vorzüglich. Umso grösser dann das Entsetzen …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net