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Das geht nicht gut aus

Späte öffentliche Anzeichen für EU-Strategiedebatte

Wir als Publikum verstehen nichts von Aussenpolitik. In der Regel – ausser 1972 – entscheidet sie auch keine Wahlen. Darum sind die Blasen, die Aussenpolitik diskutieren, in der Regel sehr auf Diskretion bedacht. Doch irgendwann kommt immer alles raus. Dass Albrecht von Lucke/Blätter für seine allmonatlichen Ausführungen dieses Thema wählt: “America first, China second, Europe third: Die US-Wahl und der Ukrainekrieg”, lässt mich vermuten, dass sich in der Hauptstadtblase Überdruck breit macht. Zeitdruck und Panik sind zwar keine guten Berater*innen für Strategieentwicklung – aber gut: seit Berlin Hauptstadt ist, ist das ja quasi schon Gewohnheit.

Nun ist einigen wohl klar geworden, dass sich mit 80-jährigen Spitzenkandidaten nur äusserst selten Wahlen gewinnen lassen. Einige wenige in Berlin wissen vielleicht sogar, dass nur wenige in Washington wissen, wo dieses Europa eigentlich genau liegt. Von der Ukraine ganz zu schweigen. So schwingt in Luckes Text also an mehreren Stellen mit, dass es günstiger sein könnte, doch besser vor der nächsten US-Wahl einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine abschliessen zu lassen. Da sowas das Potenzial hat, zahlreiche Überlebende überleben zu lassen, ist die Nützlichkeit demokratischer Wahlen also mal wieder nachgewiesen.

Lucke mahnt richtigerweise eine Positionierung der EU an, die derzeit so wenig existiert, wie eine der Bundesregierung. Die Einen mag es beruhigen, Andere das Gegenteil: ich meine/fürchte (?), so weit wird es nicht mehr kommen.

Einen relevanten Beitrag leistet der Fisch vom Kopf her. Martin Sonneborn (DIE PARTEI) hat seine Beraterin Claudia Latour was aufschreiben lassen, und sicher auch ein paar Scherzchen hineinredigiert. Ob ich Frau Latour um diesen Job beneiden soll, weiss ich nicht. Um den davor, “zwanzig Jahre Redakteurin bei Alexander Kluge” bin ich aber sehr neidisch. 20 Jahre aushalten, das kann nicht schlecht gewesen sein (ich war nirgends so lange). Und mir waren mit Alexander Kluge nur 2 x 30 unvergessliche Minuten Telefonat vergönnt. Aber vielleicht wäre ich nach so einem Job auch viel zu klug, um die realen Verhältnisse noch gesund auszuhalten. Wer weiss das schon?

Wie kommichdrauf? Ach so, … : Martin Sonneborn und Claudia Latour/Jacobin: Der lausigste Deal der EU-Geschichte – Die EU-Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ursula von der Leyen, die mit Pfizer einen milliardenschweren Impfstoffdeal per SMS besiegelte – und dem Pharmakonzern so nebenbei auch das Quasi-Monopol gesichert hat.” Ich spekuliere, dass die Pfizer-Führung und die US-Regierung gelegentlich miteinander kommunizieren (welcher Geheimdienst hört die beiden eigentlich ab?). Was mag ihr Ziel bei diesem Durchsickern sein?

Was wird ein rechtes EU-Parlament nach dem 9.6.2024 alles anrichten? Rassismus ausbauen, Klimaschutz bremsen, militärische Aufrüstung, intellektuelle Abrüstung, Korruption ja, aber für die “Richtigen”. Dafür müssten sie die Uschi noch nicht mal wegloben. Andererseits: wer wollte den Nato-Job überhaupt noch freiwillig machen? Die Rüstungskonzerne werden sich bei Pfizer über sie informiert haben, und haben noch beste Erinnerungen aus ihrem Job davor …

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net

Ein Kommentar

  1. Annette Hauschild

    Lieber Martin, lieber Albrecht von Lucke,

    die EU und die Bundesregierung haben sich schon längst positioniert: hinter den USA, auf Seiten der Ukraine. Einem angegriffenen Staat beizustehen ist eine Pflicht aus dem Völkerrecht, aber das in der Weise zu tun, wie es getan wird, sich selbst jeglicher Chancen zu berauben, irgendwann mal wieder ein vernünftiges Wort mit Russland reden zu können, das ist eine eindeutige Positionierung: auf der Seite der USA/Ukraine. Wer noch dazu den Gegner auf hunderte von Jahren ins Dunkel verbannen will und jegliche Kommunikationskanäle abschneidet, sich auch noch mit China anlegt, was ist das anderes als eine ganz eindeutige Stellungnahme? Ich glaube nicht, dass das jetzige politische Spitzenpersonal, weder in der Bundesrepublik, noch in der EU, die Einsicht und die Kraft haben wird, ihre Haltung zu ändern.

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