Twitter ist vielleicht das überschätzteste aller asozialen Netzwerke. Ich halte mich dort nicht auf, liefere meine Daten dort nicht ab. Es interessiert mich nicht wirklich. Die dort teilnehmenden Rumtreiber*innen kultivieren dagegen ihren Glauben an diese Selbstreferentialität, verwechseln sie mit gesellschaftlicher Relevanz, bestätigen sich ihrer gegenseitig, und halten sich selbst somit für wichtig. Substanzielle inhaltliche Grundlagen dafür liefern sie nicht. Im Gegenteil.

Jan Böhmermann gehört qua beruflicher Täigkeit zu dieser Gemeinde dazu. Sein Team von der Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld GmbH hat sich Twitter und dem dort regierenden Unwesen seines Oligarchen-Besitzers Elon Musk angenommen. Oder war das nur der Vorwand?

Denn die Kern-Nachricht dieser ZDF-Magazin-Ausgabe waren die Informationen über die Geistesverfassung des mächtigsten und erfolgreichsten Zeitungsverlegers Deutschlands, des Herrn Mathias Döpfner. Bisher scheint die Öffentlichkeit geglaubt zu haben, die SMSe Döpfners zur Verteidigung seines Schützlings und beauftragten und bezahlten Desperados Julian Reichelt hätten den Gipfel seines Irrsinns markiert. Das ist offensichtlich ein Irrtum. Wäre ich Mitarbeiter dieses Döpfner, und hätte womöglich den Auftrag der Milliardärin Friede Springer, auf den Verrückten aufzupassen – dann wäre jetzt der Moment für mich, die Vergeblichkeit meiner Arbeit zu erkennen und zu kapitulieren.

Mann denkt ja oft, und auch ich dachte das im Fall Döpfner, diese deutsche herrschende Klasse sei zwar brutal rechts, aber leider auch recht intelligent und gescheit. Denn wie ist ihr durchgreifender politischer Erfolg sonst zu erklären? Nein, es ist noch schlimmer. Wichtige Repräsentanten von denen, und Döpfner ist so einer, sind total bescheuert bis hin zu irre. Der benutzt nicht seine Revolvermedien für ausgebuffte politische Strategien, sondern der ist so doof, wie seine Verlagsprodukte. Genau so.

Oft ist es genau so, wie Klein-Fritzchen am Tresen meiner Fussballkneipe sich “die da oben” vorstellt. Und oft noch übler. Die noch schlimmere Frage scheint mir: was sagt das über uns, die sich von solchen Kerlen beherrschen lassen?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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