In langen Jahren der Unions-Beobachtung habe ich schon längst verstanden, dass die Union nicht unbedingt eine Programm-Partei ist, die in den wenigen Jahren, in denen sie mal nicht an der Macht ist, darlegt, wo es mit dem Land hingehen soll und wie das geschehen soll. Wenn sie denn an der Macht ist, tut sie das leider auch nicht.

Aber Merz tanzt auf dem Programm-Treffen der Union doch einen wahren Inhalts-Limbo und unterbietet sowieso schon niedrige Erwartungen.

Die Probleme des Landes sind ziemlich klar:

1) Klimaschutz – nachvollziehbar und klar abrechenbar, nicht bloß Gelaber

2) Digitalisierung/KI – Deutschland/Europa fit machen für die Herausforderungen

3) Europa zusammenhalten und neu integrieren in einer schwierigen Weltsituation

4) Die liberale Demokratie verteidigen, Populisten und Demokratiefeinde bekämpfen

Wenn Merz was fürs Land tun wollte, dann hätten diese vier Punkte bei seiner Programmveranstaltung im Mittelpunkt der Wahrnehmung stehen müssen. Stattdessen ging es

1) um Anti-Gender-Debatten,

2) um Eisschnellläuferinnen in Polizeiuniform,

3) und darum, dass man AfD-Sprech als „dem Volk aufs Maul schauen“ labelt.

Dieser Vorsitzer bringt seiner Partei nix und dem Land, dem die Partei dienen will, auch nichts. Schwer erträglich.

Wird Zeit, dass da mehr Kritik von den Vernünftigen in der Union kommt.

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Über Reinhard Olschanski / Gastautor:

Geboren 1960, Studium der Philosophie, Musik, Politik und Germanistik in Berlin, Frankfurt und Urbino (Italien). Promotion zum Dr. phil. bei Axel Honneth. Diverse Lehrtätigkeiten. Langjährige Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent im Bundestag, im Landtag NRW und im Staatsministerium Baden-Württemberg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu Politik, Philosophie, Musik und Kultur. Mehr über und von Reinhard Olschanski finden sie auf seiner Homepage.