Viele werden es nicht gesehen haben. “Versöhnung der Erzfeinde im Nahen Osten – neue Gefahr für den Westen? – Michaela Kolster diskutiert mit Guido Steinberg (Stiftung Wissenschaft und Politik) und Jürgen Trittin (B’90/GRÜNE, außenpolitischer Sprecher Bundestagsfraktion)”. Die Herren stritten nicht, sondern ergänzten sich fachlich fruchtbar. Die konservative Gesprächsleiterin vermied kritische Nachfragen.
So konnte kein öffentlichkeitswirksamer Zunder entstehen. Die Phönix-Gesprächsrunden werden durch die Vermeidung von Streit und Polemik zwar geniessbarer und diskursiver. Aber eben nicht wirkungsvoller.
Ich hätte z.B. gefragt, warum die EU denn mit ihrer elenden neoliberalen Freihandelsabkommen-Strategie so gegenüber der schlaueren zivilen Seidenstrasse so ins Hintertreffen geraten konnte? Warum macht sie denn gegenüber der “Neuen Seidenstrasse” keine konkurrenzfähigeren Alternativangebote? Und wann endlich begreifen die Länder des “demokratischen Kapitalismus” (Trittin), dass sie mit ihrer antiemanzipativen IWF- und Weltbank-Politik in die Sackgasse gefahren sind? Stattdessen endete die Runde mit dem Filosofieren über Munitionsfabriken. Das kann ja nichts werden …
Klimapolitik kam in dieser Phönixrunde nur im energiepolitischen Versorgungszusammenhang vor. Anders – und zeit- wie problemgerechter – bei Wolfgang Pomrehn/telepolis (davon hat Frau Kolster wohl noch nie was gehört, obwohl es schon eine Woche in der wissenschaftlichen Debatte ist): “Ausweitung der Todeszonen: Wenn die Meere kochen – Energie und Klima – kompakt: Um Großbritannien ist das Meer im Moment vier Grad wärmer als üblich. Weltweit herrscht eine Hitzewelle in den Ozeanen. Wenn Fische ersticken.”
Der gleiche Autor zur Chinapolitik: “Westen: Große Fehler in der China-Politik – ‘Regelbasierte Ordnung’ – Wer bestimmt sie? Die wirtschaftlichen und politischen Gewichte haben sich verschoben. China ‘raucht keine Belehrungen. Der Westen muss sich neu ausrichten. “ Es will augenscheinlich dem Grünen-Bütikofer u.a. “Gegneranalysen”-Konsorten nicht in den Kopf: das Klima auf diesem Planeten ist weder gegen die USA noch gegen China zu retten, sondern – als notwendige, nicht-hinreichende Bedingung – nur mit ihnen. Beiden!
Der elende Krieg
Ich gestehe meine Medienmüdigkeit. Ich bin nicht auf Ball-, Kugel- oder Gefechtshöhe – weil ich auf meine individuelle Gesundheit achte. Das hier habe ich gelesen, weil ich es verstehe und nachvollziehen kann, weil es nicht einseitig Propaganda für eine Seite macht, und weil ich den Autor verdächtige, dass er von der Sache mehr versteht als ich.
Jürgen Hübschen/overton: “Die zwei entscheidenden Irrtümer im Ukrainekrieg – und ihre Folgen – Russland und die Vereinigten Staaten unterlagen in diesem Krieg teils eklatanten Fehleinschätzungen. Aus dem heutigen Patt führen verschiedene Szenarien.”
Seinem Schlusssatz widerspreche ich, weil ich von gesellschaftlicher Medienrezeption mehr verstehe als er. “Der Westen”, ob Nato oder EU oder beide, weiss längst, wer es war. Da wird nichts mehr “neu gemischt”. Die Dosierung in die breite Öffentlichkeit ist so, wie sie ist. “Alle” werden davon erfahren, eher wissen gelassen, wenn das Gras hoch genug ist. Die Kriegsstrategie wird nicht von der Meinung des Publikums abhängig gemacht, auch dann nicht. Dafür ist sie den Mächtigen zu wichtig.
“Neu gemischt” wird nach der EU-Parlaments- und US-Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr. Sind Sie optimistisch? Ich nicht.
keiner aber bedeutender Rechtschreibfehler: da muß/soll “furchtbar” heißen (sondern ergänzten sich fachlich fruchtbar)
aber so ist das halt in einer gedanklich geschlossenen Gesellschaft
Jede*r, wie sie*er will. Die Meinungsbildung ist – anders als die Rechtschreibung – frei.