Beueler-Extradienst

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Unbürokratisch – fast wie früher

Wundersame Bahn CLXI

Den Freitag den 21.7. 2023 werde ich so schnell nicht vergessen. Denn bis zu einem morgendlichen Anruf aus Neuwied war ich ziemlich fertig mit der Welt.

Der Grund – mein Gedächtnis – eigentlich mein Terminkalender, aber tatsächlich mein Notizbuch für alles war weg. Nach einer kurzen Reise nach Neuwied konnte ich es nirgends mehr finden. Alles verzweifelte Suchen hatte bisher nichts gebracht. Ebenso Anrufe bei Eiscafes, Biergarten, Fundbüro und Suche auch an recht unwahrscheinlichen aber möglichen Verlustorten. Natürlich drohten alle möglichen Katastrophen. Bevorstehende Termine bei Ärzten, deren Besuch bereits vor Wochen vereinbart wurde, aber deren Namen, Rufnummern und natürlich das genaue Datum des Besuchs – sich in diesem Kalender befanden. Auch Termine mit Aktzeichen-Kursleitern und Fotografen standen in den kommenden Tagen und Wochen an – nur wann und mit wem?

Vorgestern dann die erste praktische Auswirkung. Einer meiner liebsten Fotografen schickte mir abends um 18 h eine kurze SMS “ich bin jetzt da.” Ich dachte mir, ist ja schön für ihn, dass er da ist und rief ihn an, um zu erfahren, wo er ist. Seine Antwort: Ja wir wären doch für einen Fototermin, neudeutsch ein Shooting in Köln verabredet und er könne mich am verabredeten Treffpunkt – am Brunnen im Mediapark noch nicht sehen. Ich kalauerte – das verstünde ich, dann ich sei ja auch in Bonn in meinem Büro und nicht in Köln. Er fand das nur begrenzt witzig, er war extra nach Köln zu unserer Verabredung gefahren … Und ich hatte infolge meines “Planungsverlustes” die erste richtig wichtige Verabredung vergeigt. Wäre mein Gebiss noch gut genug, hätte ich gerne in die Schreibtischplatte beißen mögen. So ließ ich das. Wahrscheinlich besser so. Stattdessen schilderte ich ihm meinen allumfassenden Planungsverlust. Ok, könnte ja jedem passieren, aber die Säuerlichkeit war hörbar.

Die Retterin vom Reisezentrum

Und dann am Freitag ein Anruf aus Neuwied. Eine Mitarbeiterin der Bundesbahn im Reisezentrum in Neuwied rief an. Es sei etwas gefunden worden… Die Rettung – und das tatsächlich durch die Bahn!

Mit dem nächsten Zug schnell wieder nach Neuwied. Mein Kalender wartete schließlich auf mich. Schön ihn wieder zu haben und zu sehen, welche kleinen Katastrophen in den folgenden Tagen vermieden werden konnten. Denn ich hatte mir seit Jahren angewöhnt, Termine, Adressen, Verabredungen, eigentlich alles was irgendwas mit Terminen zu tun hat, dort – und nur dort einzutragen.

Und dieses Gedächtnis lag nun paar Tage in Neuwied. Die freundliche Mitarbeiterin – sie will nicht namentlich in Medien auftauchen – hatte sich die Arbeit gemacht, Fundsachen auf mögliche Adressen der Besitzer hin näher anzuschauen und somit auch meine Rufnummer im Kalender entdeckt. Die hatte ich dort notiert – für den ja unwahrscheinlichen Fall, dass ich ihn mal verlieren könnte. Wer das gute Stück gefunden und im Neuwieder Reisezentrum abgegeben hat, war nicht feststellbar. Schade ich hätte mich gerne auch bei diesem Menschen bedankt.

Aber so sind viele Menschen in Neuwied – hilfsbereit und freundlich.

Jetzt habe ich entdeckt, dass es auch in meinem Rechner (oder auf dem Rechner – ich weiß es nicht) jedenfalls wenn ich das Ding anschalte, dass es dort auch eine Kalenderfunktion gibt. Ein Smartphone habe ich nicht – jedenfalls nicht in Betrieb. Diese Dinger und ich verstehen uns nicht. Einen früheren Versuch habe ich dadurch beendet, indem ich das Gerät – mit dem ich immer dann wenn es ganz wichtig gewesen wäre – nicht mal telefonieren konnte, weil der Akku leer war. Also dieses Ding habe ich dann in die Hand genommen und wirklich ganz kräftig gegen die nächste Wand geworfen. Das hat mir richtig gut getan. Ihm nicht so. Tags drauf habe ich mir wieder ein Handy gekauft, mit echter Tastatur, mit dem man nur telefonieren kann und das ganz lange genügend Strom hat. Aber langfristig werde ich mir wohl auch so was anschaffen müssen, es geht kaum noch etwas ohne diese Form der “freiwilligen Selbstüberwachung.”

Streetart Stars in Neuwied

In der Stadt gab es einiges zu sehen. Zum einen die noch mindestens bis Ende September sichtbare Straßenmalerei in 3D-Qualität von der holländischen street artist Gruppe “worldstreetpeinting.com” im Zentrum der Stadt und dazu passend “Vandals – Töchter und Söhne der Streetart” in der Stadt Galerie Neuwied. Dort sind einige große Namen der Streetart zu sehen, u.a. BANKSY, JPS, Bananensprayer, Zonenkinder usw. Noch bis 3. September 2023. Allein für diese Ausstellung lohnt sich die Reise in die kleine Kreisstadt in der rheinland-pfälzischen Nachbarschaft.

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