Abschied von Japan bei der WM
In den Spielstil Japans bei der WM hatte ich mich verliebt. In bester Erinnerung war mir der Titelgewinn 2011 hier in Deutschland geblieben. Diese WM hatte seinerzeit volles TV-Powerplay zu besten Sendezeiten bekommen. Niemand in Europa hatte die Japanerinnen auf dem Zettel: ihr Team- und Kampfgeist, gepaart mit exzellenter Technik und Taktik schlug zahlreiche nominell “stärkere” Gegnerinnen, einige Zaubertore inklusive. So starteten sie auch in diese WM, mit dem Unterschied zu 2011, dass sie nicht mehr unterschätzt wurden.
Ich sehe schnelles One-Touch-Kurzpassspiel am liebsten. Arsène Wenger hatte es in den 90ern nach England eingeführt, und damit den Fussball in Kleinbritannien erst wirklich ansehnlich gemacht. Bei den Frauen hat es noch kein Team so perfektioniert wie die Japanerinnen. Hinzu kam in der überzeugenden Gruppenphase ihre taktische Variabilität. Ihre schon 2011 nachgewiesene Defensivstärke haben sie sich erhalten, und ein phasenweise unwiderstehliches Umschaltspiel mit beeindruckenden Kontern in ihrem Besteckkasten.
Heute gegen Schweden trafen sie auf die Weltmeisterinnenbesiegerinnen. Schweden konnte in Sachen Balltechnik, Trainingswissenschaft und Taktikentwicklung immer mit der Weltspitze mithalten. Mit dem erfolgreichen Elfmeterschiessen gegen die USA hat ihr Teamgeist eine zweite und dritte Luft bekommen. Zwar gelang Japan in der Schlussphase noch ein Anschlusstor nach einer traumhaft schönen Kombination. Aber die Schwedinnen zeigten weder Müdigkeit noch Konzentrationsfehler. Auch in 10 Minuten Nachspielzeit nicht.
Bei dieser WM ist spielentscheidend, welches Kollektiv an seine Chance glaubt, und welches diesen Glauben, wie oft (aber nicht immer!) nach Gegentoren, verliert. Die Japanerinnen hatten auch nach dem 0:2 nicht aufgegeben, sondern ihren schönen Fussball weitergespielt. Aber mit zunehmender Spieldauer wuchs die Verzweiflung. Das baute die Schwedinnen auf und machte sie letztendlich unbesiegbar.
Und eine Frau, die bei Chelsea nur die Ersatzbank drückt, wächst zu einem neuen Superstar: Zećira Mušović. Bekommt eine auf sie zustürmende Stürmerin Gefühle, wie einst die Männer, die auf Oliver Kahn zuliefen (ausser Ronaldo und Okocha)? Nein, Mušović erweckt nicht den Eindruck, jemanden fressen zu wollen. Sie hält nur fast alles (2 Gegentore in 4 Spielen – im ersten gegen Südafrika und heute).
Wo es auf die “kleinen Unterschiede” ankommt, wenn die Teams nahezu gleichwertig sind – Letzteres die zentrale Erkenntnis dieser WM – kann das entscheidend sein.
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