Vergiftet und gefährlich – die Beziehungen der Grossmächte
Bei Reinhard Lauterbach/Junge Welt, der selbst keiner, gar keiner Kriegsseite zuneigt, erfahre ich oft, was ich woanders überhaupt nicht erfahre: “Defätismus oder Realismus? Jenseits der Propaganda – Waffenstillstand mit Gebietsverlusten steht zur Debatte: In der ukrainischen Öffentlichkeit werden Zweifel am Verlauf des Krieges laut”.
Dennoch ist das Geschwätz, “die Ukraine” solle dieses oder jenes “selbst entscheiden” ver- und gelogen. Näher an der Wahrheit ist – leider – John D. Mearsheimer, hier mit dem 2. Teil der Übersetzung von Klaus-Dieter Kolenda/overton: “Mearsheimer: »Die Zukunft der Ukraine sieht extrem düster aus« – Nach John Mearsheimer erschweren der Nationalismus auf beiden Seiten und das fehlende Vertrauen mögliche Friedensverhandlungen, so dass der Krieg weitergehen und die Ukraine noch mehr zerstört wird; abschließend zeigt er, dass diese Katastrophe Folge der unverantwortlichen US-Politik der Nato-Erweiterung ist und leicht hätte vermieden werden können”.
Vertrauen ist gewöhnlich ein Schmierstoff des Kapitalismus. Wer geht ein Geschäft/einen Deal ein, wenn sie*er fürchtet, über den Tisch gezogen zu werden? Wie soll ohne Vertrauen Wachstum entstehen? Oder – wer Aversionen gegen Wachstum hat – wie soll eine internationale Kooperation für Klimaschutz gelingen, wenn nicht mit Vertrauen? Fast alle Regierungen, auch und gerade “demokratisch” gewählte, sind derzeit jedoch bestrebt – es sieht bisweilen so aus, als wenn sie nichts Anderes mehr antreibt – Vertrauen zu zerstören.
Die EU ist innen bereits davon zerfressen, und wird entsprechend immer mehr zum Spielball Anderer. Eine übliche Verdächtige macht sich um die Sichtbarkeit dieses Prozesses mal wieder verdient, Miss “Fuck-The-EU!”: Thomas Pany/telepolis: “Niger: Durchkreuzt US-Diplomatin Victoria Nuland französische Strategie? – Pariser Außenministerium verärgert über USA, die mit Putschisten über eigene geopolitische Interessen verhandeln. Nigrische Militärjunta bedroht abgesetzten Präsidenten mit Todesstrafe. Können ihn die USA schützen?”
Ich unterstelle Svenja Schulze und ihrem Stab, dass sie schon eine Peilung hatten, und sie kein zusätzliches Porzellan in irgendeine Richtung zerschlagen will. Handlungsspielraum hat sie kaum. Die Bundesregierung hat keine wirkliche Afrika-Strategie. Wirksam könnte sie sowieso nur sein, wenn es eine EU-Strategie wäre. Da ist der verblendete französische Neokolonialismus vor, ein wegschmelzendes Souveräntitätselement eines niedergehenden Imperiums. Die herrschende Klasse Frankreichs wächst so elitär und abgeschottet vom wahren Leben auf, dass sie kaum noch Lernfähigkeit besitzt. Die deutsche herrschende Klasse sieht das voller Entgeisterung, hat den ehemaligen Achsenpartner aber schon so vielfältig brüskiert, dass nichts mehr da ist – vom einstigen Vertrauen.
Selbst Helmut Kohl wusste mehr davon.
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