Der “Stairway To Heaven”-Magier lebt und feiert weiter

In Bezug auf traditionelle Rockmusik bin ich Spätgeborener. Als Grundschüler traumatisiert und von musikalischer Praxis wirkungsvoll abgeschreckt, lag mir die Idolisierung von Musiker*inne*n lebenslang fern. Respekt dagegen bringe ich ihnen entgegen: sie machen was, was ich nicht kann. Und einigen gelingt es, mich damit zu beeindrucken. Led Zeppelin und Robert Plant entdeckte ich erst 1973 in Mal Sondocks “Diskothek im WDR”, immer mittwochs, später in der legendären “Radiothek” integriert – es war die Zeit, als man/frau WDR2 noch hören konnte.

In dieser Sendung, die nach Hörer*innen-Abstimmung zusammengestellt wurde, errang die Single-Auskopplung “Rock And Roll” aus “Led Zeppelin IV” 10 Wochen lang Platz 1 – mehr ging nicht. Ich habe nicht mit abgestimmt – war nicht nötig. Erst als ich Ende der 70er zu eigenen Geldeinnahmen kam, machte ich mir einen Plan zur Anschaffung von Vinyl-LPs. Ich studierte intensiv, auf welchen Konzeptalben (ohne “Live” und “Greatest Hits”-Gedöns) meine Lieblingsstücke drauf waren. Dann besuchte ich die Plattenetage bei “Saturn” in Köln, und kaufte monatlich die LPs von nur zwei Anfangsbuchstaben der jeweiligen Bands – aus Kostengründen. Zuerst durchsuchte ich jeweils die Regalmeter mit den herabgesetzten Sonderangeboten. LPs, die aus den Verkaufscharts rausgeflogen waren, waren gerne mal kostengünstiger, häufig unter 10 Mark. Standard waren damals 14,90 D-Mark/LP – beim Marktcrasher Saturn.

So gelangte ich irgendwann zum Buchstaben “L” wie Led Zeppelin. Und erst als ich “IV” auflegte und hörte, also ein knappes Jahrzehnt später, erweckte mich “Stairway To Heaven”. Sowas als Rockmusik – das kannte ich noch nicht. Es rangiert für mich noch über “Bohemian Rhapsody” (Queen), das ich immerhin schon als Zeitgenosse entdecken durfte. Alan Bangs spielte damals “A Night In The Opera” in seinem epochemachenden BfBS-Nightflight fast komplett durch – zur Freude meines Mitschnittengagements.

Wie kommichdrauf? DPA hat dem Mr. Plant einen schönen Geburtstagsgruss geschrieben (FR), von erstaunlicher Qualität für eine Agentur. Auch diesen Mann habe ich nie für den grössten Song seines Lebens angebetet, aber immer mit Respekt und Wohlgefallen wahrgenommen, wie vielfältig er sein künstlerisches Werk im Alter weiterentwickelte. Viele Andere sind ja früh totgegangen, weil sie an dieser Art Leben im real existierenden Pop-Kapitalismus brutal scheiterten. Mr. Plant hats geschafft. Schöner als Sterben.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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