Sonneborn & Lucke / Open Source & Geld

Die sexuelle Orientierung von Martin Sonneborn MdEP kenne ich nicht. Darum weiss ich auch nicht, ob es daran liegt. Aber die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen ruft in meinem Inneren ähnlich aggressive Reflexe auf, wie Sonneborn sie von sich artikuliert. Ein Rätsel bleibt für mich, warum er dafür ein asoziales Netzwerk nutzt, aber nunja, ein Medium berichtet.

Alexander Schmalz/Berliner Zeitung: Martin Sonneborn: Ursula von der Leyen verbreitet bewusst ‘irreführende Fakes’ – Während von der Leyen in den sozialen Medien vom neuen EU-Gesetz ‘Digital Services Act’ schwärmt, warnt Sonneborn: Der EU-Kommission geht es um die Zerstörung von Grundfreiheiten.”

In meiner Mediendiät nehme ich diesen Abgeordneten als letzte oppositionelle Stimme in seinem Parlament wahr. Alle Anderen mögen sich ähnlich bemühen – ich merke es nur nicht. Liegt es nun an mir, oder an denen? Ist mir mittlerweile egal.

Olaf und der adelige Intellektuelle

Albrecht von Lucke, der sich ansonsten monatlich schriftlich in seinen Blättern und immer mal wieder im Radio oder bei Phönix äussert, hat der taz ein Essay über die Grünen abgeliefert: Die Grünen in der Krise: Zukunftspartei ohne Zukunft – Robert Habeck verhedderte sich im Gebäudenergiegesetz und Lisa Paus wurde vom Finanzminister gedemütigt. Warum sich die Grünen in der Zange befinden.”

In der Conclusio am Schluss spielen die Grünen keine entscheidende Rolle mehr, sondern Bundeskanzler Olaf Scholz. Meine Ferndiagnose: entweder der spricht nicht mit Lucke, oder allenfalls so, dass der ihn dabei nicht kennenlernt (“Scholz-o-mat”). Luckes inhaltlicher Argumentationsführung kann ich weitgehend folgen. Bei seiner Conclusio ist nur das Problem: es gibt nur diesen einen Bundeskanzler. Der ist in seinem Charakter, wenn keine Öffentlichkeit zuhört, noch weit arroganter – und witziger auf Kosten Abwesender – als er öffentlich erscheint. Und ja, in diesem konkreten Fall heisst das ziemlich viel. Die SPD hat(te) eben keine*n Andere*n. Und mich hat ja keine*r gefragt.

Selbst Scholz’ Vorgängerin, als intelligente Frau bekannt und verrufen, könnte Luckes Besinnungsaufsätze aufmerksamer rezipiert haben, als es Olaf tut. Entscheiden Sie selbst, wie Sie das finden.

Geld der Herrschenden – giftig?

Heises Missing Link von Stefan Mey erinnert mich an ein Erlebnis 1978 mitten in der Baustelle für die Bonner Rheinaue:: Wieso so viel US- und Google-Geld in Open-Source-Projekten steckt – Der US-Staat und der Google-Mutter Alphabet sind die Lieblingsfeinde der digitalen Zivilgesellschaft und gleichzeitig deren Financiers. Wie passt das zusammen?”

Wir Jungdemokraten waren damals 1978 weit materialistischer und härter gepolt als heutige grünlinke Softis. Wir waren aus rein instrumentellen Gründen FDP-Mitglied geworden, weil unsere Analyse besagte, dass in der FDP entschieden wird, welche Seite in unserem Land die politische Mehrheit bildet. Selbstverständlich nahmen wir Staatsgeld – ohne das wäre unsere ehrenamtliche Arbeit nicht organisierbar gewesen. Grossspenden erhielten wir leider nie. Als ich 1975 als NRW-Schülerreferent 10.000 Mark vom NRW-FDP-Schatzmeister Lambsdorff haben wollte, lehnte der ab. Ich empfand das als Adelung: selbst für diesen Lappalienbetrag waren wir ihm “zu gefährlich” 😉

1978 wollte der Liberale Hochschulverband (LHV), der an den Unis nicht nur mit den Juso-Hochschulgruppen, sondern auch mit den vom Inlandsgeheimdienst als moskaugesteuert verfemten Sozialistischen Hochschulbund (SHB) und Marxistischem Studentenbund (MSB, der DKP-Studentenverband), in AStA-Koalitionen zusammenarbeitete, mich in den Vorstand der Vereingten Deutschen Studentenschaften (VDS, damals in der Kaiserstr. 71 residierend) entsenden. Kurz vor meiner Nominierung nahm mich unser Verbandsvorsitzender und mein sehr guter Freund Karl-Heinz Krems – (weit) späterer Staatssekretär in der NRW-Landesregierung – zu einem Spaziergang in die von Baggern und Bulldozern zerwühlte Rheinaue, um mir dort abhörsicher mitzuteilen, dass unser Verband (Bar-)Geld vom Inlandsgeheimdienst empfange. Pffft, dachte und reagierte ich. Ich war sowieso nach meinem Zivildienst und anschliessender Vorstandstätigkeit bei der Anti-Apartheid-Bewegung (dort erhielten wir Geld aus Organisationen der Evangelischen Kirche, der UNO und der OAU, heute Afrikanische Union/AU) unter “amtlicher” Beobachtung. Geld vom gleichen Staat, nur aus einer anderen Kasse. So lange ich dafür nichts Spezielles tun oder lassen musste – musste ich nicht, davon wüsste ich – war mir das wurst. Nicht viele Wochen später brachte die FR das als Recherche, dass nicht nur unser LHV sondern auch die Jusos eine entsprechende Praxis genossen. Geschadet hat es uns nicht wirklich.

Zum Ausgleich wurde ich dann 1987-1990 von der DDR bezahlt. Die Sozialabgaben gingen aber in die BRD-Sozialversicherungen. Irgendwelchen Mist unterschrieben habe ich weder in Ost noch West. Einen Anwerbe-/Abschöpfungsversuch seitens der UdSSR-Botschaft wehrte ich durch Mitbringen einer Zeugin bei der dritten Verabredung ab.

Damals wie heute bin ich für die Abschaffung von Geheimdiensten. Gegen staatliche Förderung dagegen habe ich nichts, im Gegenteil. Transparent muss sie sein.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net