Die Bekämpfung von (Pädo-)Kriminalität gelingt nicht durch billige politische Effekthascherei

Ich habe keine Kinder. Darum habe ich mich nicht tiefer mit ihrem Schutz beschäftigt. Dennoch ist er selbstverständlich hochwichtig. Kinder sind nicht nur “Zukunft”, sondern wissen Vieles, immer mehr, besser, wie diese Welt funktioniert, und wie sie geändert werden muss. Zu selten wird auf sie gehört. In entsprechender Gefühligkeit sind sich die meisten Menschen insofern einig. Wenn es dann mal um einen von Massenmedien aufgegriffenen Fall von Kindesmisshandlung geht, sind fast alle sofort bereit, auf die emotionalen Barrikaden zu gehen. Es gibt Instinkte, die dafür sorgen. Sie sind nicht nur schlecht.

Wenn es jedoch um die Analyse und Lösung komplexer Probleme geht, ist das fast nie die beste Beratung. Es ist halt schwierig. Warum tun erwachsene Menschen Kindern Böses und Gewaltsames an? Die meisten Eltern tun das irgendwann. Die meisten haben danach immerhin ein schlechtes Gewissen. Wenn dann ein Täter dabei erwischt wird, dass er ein Kind, das nicht “seins” ist, schlägt, mit sexualisierter Gewalt verletzt, zerbricht oder gar tötet, findet die Empörung (und das schlechte Gewissen) ein geeignetes Zielobjekt, auf das emotional abgeladen werden kann. Dieser Mechanismus entschuldigt keinen Täter (und Täterinnen), schafft aber eine fiese Bigotterie.

Neben diesen Effekten veröffentlichter Meinung gibt es selbstverständlich – und zum Glück – zahlreiche Menschen, Gruppen, Einrichtungen, die sich um wirksamen Schutz und Hilfe für betroffene Kinder kümmern. Es zeugt von grossem politischem Weitblick, dass die Chefredakteurin von netzpolitik.org diesem Thema ein ausführliches Interview widmet, dass Sie, wenn Sie sich ernsthaft für Kinderschutz interessieren, lesen sollten: Sexualisierte Gewalt gegen Kinder: ‘Der Gesamtüberblick fehlt komplett’ – Wie hat das Internet sexualisierte Gewalt verändert? Was hilft dabei, Kinder zu schützen? Und was sind nur Scheinlösungen? Ein Interview mit Daniel Moßbrucker.”

Hier wiederholt sich die Kriminalitätskonstellation, die auch für Frauen als Gewaltopfer gilt: “Der ‘Normalfall’ von sexualisierter Gewalt passiert im sogenannten Nahbereich: in der eigenen Familie, im eigenen Freundeskreis, der Familie, in der Nachbarschaft, im Sportverein, in der Schule, in den Kindertagesstätten. Überall dort, wo Erwachsene sehr intensiv ein Vertrauensverhältnis mit den Kindern aufbauen können.”

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net