Kurzfassung der Studie – Wie Podcasts auf Spotify und in der ARD Audiothek über Wirtschaft sprechen
Auf einen Blick

– Podcasts gewinnen im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung an Relevanz.

– Das Angebot auf Spotify ist mit 656 Wirtschafts-Podcasts deutlich größer als das der ARD-Audiothek (28 Angebote).

– 60 Prozent der Spotify-Podcasts werden von Unternehmen produziert, 27 Prozent von Medienakteur:innen.

– Auf Spotify wird Wirtschaft oftmals in Ratgeberformaten verhandelt. In der ARD Audiothek überwiegt die Darstellungsform der Reportage.

– Auf Spotify stehen individuelle Perspektiven im Fokus. In der ARD Audiothek werden die Angebote stärker in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext gestellt.

– Auf beiden Plattformen werden viele Themen angesprochen, aber Hörer:innen selten in ihren Rollen als Verbraucher:innen oder Arbeitnehmer:innen adressiert.

Allgemeiner Kontext zur Studie

Wirtschaftsthemen sind seit jeher eine wichtige Säule der Medienberichterstattung. Über Wirtschaftsgeschehen informiert zu sein und wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, ist hoch relevant, um in Wirtschaft und Gesellschaft Entscheidungen treffen zu können. In den letzten Jahren gewinnen Podcasts als Informationsmedium – auch für den Bereich Wirtschaft – zunehmend an Relevanz. Dabei sind sie in ihrer Erscheinung besonders: So ist es theoretisch für jede:n möglich, eigenes Audiomaterial zu produzieren und damit den eigenen Podcast zu veröffentlichen. Dies bietet die Möglichkeit, neben Mainstream-Themen auch Nischenthemen abzubilden – und diese nicht nur von professionellen Medienakteur:innen, sondern auch von Unternehmen, Aktivist:innen oder Amateur:innen präsentiert zu bekommen. Für den deutschen Markt existieren bisher jedoch noch keine Studien, aus denen hervorgeht, wer welche Themen im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung via Podcasts behandelt oder vernachlässigt und in welcher Form und Aufmachung dies geschieht. Die Untersuchung schließt diese Erkenntnislücke. So wird nicht nur sichtbar, was Hörer:innen erwartet, wenn sie sich per Podcasts über Wirtschaft informieren wollen, sondern auch, wie und worin sich etablierte (öffentlich-rechtliche und private) massenmediale sowie privatwirtschaftliche oder zivilgesellschaftliche Akteur:innen in ihren Angeboten unterscheiden.

Methode

In der Studie werden Podcast-Angebote zum Thema Wirtschaft analysiert. Basis der Untersuchung ist die Wirtschaftskategorie „Business & Technologie“ der Audio-Streaming Plattform Spotify als Marktführer für Podcasts in Deutschland. In einer Überschneidungsanalyse werden die Ergebnisse anschließend mit der Wirtschaftsrubrik des gemeinsamen Audio-Portals der Landesrundfunkanstalten der ARD und des Deutschlandradios (ARD-Audiothek) abgeglichen. Mittels einer quantitativen Inhaltsanalyse an drei verschiedenen Zeitpunkten (31.01.23, 15.02.23, 01.03.23) werden 656 Podcasts mit 1.390 Episoden (Spotify) und 28 Podcasts mit 51 Episoden (ARD-Audiothek) unter anderem hinsichtlich ihrer Produzent:innen, Themen, Formate, der Darstellungsformen und des Blickwinkels auf Wirtschaft untersucht.

Ergebnisse
Wenn Wirtschaft Wirtschaft erklärt

Während in der ARD Audiothek aufgrund des geschlossenen Charakters der Plattform alle Podcasts von öffentlich-rechtlichen Anbieter:innen stammen, werden fast 60 Prozent der Wirtschaftspodcasts auf Spotify von Unternehmen bzw. einzelnen Unternehmer:innen publiziert. Private journalistische Medien folgen auf Platz zwei mit 19 Prozent. Die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen sind dabei mit rund zwei Prozent aller Podcastsangebote zum Thema Wirtschaft wenig präsent, auch zivilgesellschaftliche Akteur:innen sowie Wissenschaftler:innen spielen kaum eine Rolle.

Diese unternehmerische Dominanz hat Folgen: Fast die Hälfte (47,6 Prozent) aller Wirtschafts-Podcasts auf Spotify sind Ratgeber-Angebote. Insbesondere Unternehmen greifen – in fast zwei Dritteln ihrer Angebote (61 Prozent) – auf diese Präsentationsform zurück. Medienakteur:innen sind vielfältiger in der Form. Sie setzen häufiger auf Hintergrundberichte, Kommentare oder Meinungsstücke (51 Prozent) und nutzen neben Ratgebern (24 Prozent) auch Nachrichtenformate (15 Prozent) und Reportagen (vier Prozent). In der ARD-Audiothek werden die verschiedenen Darstellungsformen insgesamt ausgewogener genutzt. Die dominierende Form ist die Reportage (32,1 Prozent), während Ratgeber hier auf Platz fünf liegen (10,7 Prozent).

Auch die Perspektive auf Wirtschaft in den Spotify-Shows ist durch die starke Präsenz von Unternehmen auf Produzent:innenseite geprägt: Fast die Hälfte (46,1 Prozent) der Angebote behandelt die jeweiligen Themen aus der Perspektive einzelner Unternehmen oder Branchen (Meso-Ebene). Ein Drittel (33,9 Prozent) der Angebote bezieht sich auf das Individuum. Nur jeder fünfte Beitrag nimmt die gesamtgesellschaftliche Ebene in den Blick (19,9 Prozent). In der ARD-Audiothek adressiert die Hälfte der Berichte (49 Prozent) die gesamtgesellschaftliche Ebene, 23,5 Prozent verhandeln Wirtschaft primär als Angelegenheit Einzelner.

Thematische Vielfalt …

Insgesamt findet sich auf Spotify eine große the-matische Vielfalt: Die plattformweiten Topthemen „Finanzen/Aktien“ (35,3 Prozent), „Arbeitswelt/Karriere“ (31,8 Prozent) und „Spezifische Branchen/Unternehmen“ (30,1 Prozent) spielen sowohl in den Podcasts der öffentlich-rechtlichen wie privaten Medienakteur:innen als auch der Unternehmen eine wichtige Rolle. Daneben werden auch spezielle Themen (bspw. Technologie und Marketing) ebenso bedient wie wirtschaftspolitische Informationen bzw. solche zum allgemeinen Wirtschaftsgeschehen. Hinsichtlich der thematischen Priorisierung sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Akteur:innen auf Spotify marginal. Den größten Einfluss auf die Themensetzung scheint die Plattformumgebung an sich zu haben. Im Vergleich zu Spotify setzen die Angebote der ARD-Audiothek sehr viel stärker auf Informationen zum allgemeinen Wirtschaftsgeschehen (41,4 Prozent) und zu wirtschaftspolitischen Themen (20,7 Prozent) – auch wenn „Arbeitswelt/Karriere“ und „Finanzen/Aktien“ ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Der stärkere gesamtgesellschaftliche Anspruch wird auch dadurch deutlich, dass Nischenthemen in den Podcasts der ARD-Audiothek deutlich seltener vertreten sind.

… aber geringe Pluralität der Adressat:innen-

Weniger vielfältig geht es in der Frage zu, in welcher Rolle die Wirtschafts-Podcasts ihre Hörer:innen offenkundig adressieren. Insgesamt lässt sich für 42,5 Prozent der Spotify-Angebote eine konkrete Zielgruppe identifizieren, an die sich das jeweilige Angebot laut Podcast-Beschreibung richtet. In 37 Prozent dieser Fälle werden die Hörer:innen als Individuen mit speziellen Interessen angesprochen, in knapp 30 Prozent als Unternehmer:innen (bspw. als Start-Up-Gründer:innen) und in rund 24 Prozent als Investor:innen oder Anleger:innen. Kaum repräsentiert sind die Perspektiven von Verbraucher:innen oder Arbeitnehmer:innen. Dieser Befund gilt auch für die Angebote von Medienakteur:innenen auf Spotify, die ihre Hörer:innen lediglich in zwei Prozent als Verbraucher:innen und in vier Prozent als Arbeitnehmer:innen adressieren.

Fazit

Mit der Untersuchung liegt erstmalig eine strukturelle Analyse der Wirtschaftsberichterstattung in Podcast-Angeboten für die Anbieter Spotify und die ARD-Audiothek vor. Im Ergebnis zeigt sich ein differenziertes Bild: Während auf beiden Plattformen eine große thematische Vielfalt herrscht, ist die Pluralität der angesprochenen Adressat:innen begrenzt. Auf Spotify wird Wirtschaft meist in Ratgeberformaten mit individueller Perspektive vermittelt, während die öffentlich-rechtlichen Angebote häufiger eine gesamtgesellschaftliche Perspektive in Form von Reportagen aufgreifen.

Über die Autorinnen

Janine Greyer-Stock, M.A., ist Kommunikationswissenschaftle- rin und wissenschaftliche Mitar- beiterin an der Freien Universität Berlin und Co-Geschäftsführerin der h1 medienanalyse GmbH. Dr. Julia Lück-Benz ist Kommu- nikationswissenschaftlerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Freien Universität Berlin und bei der h1 medienanalyse GmbH.
Die Langfassung dieser Studie (127 S.) finden Sie hier.

Über Janine Greyer-Stock, Julia Lück-Benz / Otto Brenner Stiftung:

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