Glückwunsch nach Dortmund
Das zum Springerkonzern zählende Portal “Transfermarkt” attestiert PSG einen “Marktwert” von knapp über 1 Mrd. €, dem BVB deutlich unter einer halben. Tja, so kanns gehen: die Milliarde traf heute fünfmal Latte und Pfosten, die weniger als eine Halbe einmal das Tor. Die Begeisterung in meiner Fussballkneipe war allgemein, dass dem katarischen wenig heimlichen Herrscher im europäischen Fussballbusiness Nasser Al-Khelaifi, Spross der qatarischen Emir-Familie, die Grenzen feudalistischer Herrschaft in Europa auf ganz sportliche Weise aufgezeigt wurden. Er ähnelte auf der Tribüne irgendwie schon Uli Hoeness, nur dunkler, nicht so rot leuchtend.
Sportlich betrachtet hat der BVB eine Menge Glück gehabt, aber Glück der Tüchtigen. In der ersten Halbzeit gab es nur eine einzige spielerisch gelungene Umschaltaktion, bei der Adeyemi gegen Donnarumma knapp vergab. Das ist für eine europäische Spitzenmannschaft nicht viel. Und mir stellen sich angesichts solchen Defizits Fragen an das Niveau des BVB-Mittelfelds aus Can, Sabitzer und Brandt. Sicher, sie hatten viel, sehr viel Abwehrarbeit. Und die machten sie gut. Aber eine spielerisch beschlagene Flügelzange aus Sancho und Adeyemi blieb so weitgehend wirkungslos. Der Herr Füllkrug in der Sturmmitte sah bei Adeyemis Konter als Mitläufer ähnlich “schnell” aus, wie es von Mats Hummels bekannt ist.
Der aber war als Torschütze und Abwehrchef der Held des Abends. Mehr Pointe geht nicht: der 35-jährige, der PSG-Abwehr theoretisch seit knapp 20 Jahren bekannt, kann freistehend unbedrängt einköpfen. Und dafür ist er berühmt, in allen Fussballkneipen dieser Welt. Nun hat Bundestrainer Nagelsmann kaum noch eine Chance, die Herren Hummels und den nicht minder fleissigen und wirkungsvollen Schlotterbeck, nicht in sein 26er-Aufgebot für die EM zu nominieren.
Die milliardenteure PSG-Weltklasse könnte dagegen mal folgende Strategiefrage beantworten. Kylian Mbappé, den sie jetzt an den spanischen Faschistenfreund Florentino Perez verlieren, bindet in der Regel 2-3 gegnerische Abwehrspieler. Was läge also näher, als ein schneller Flügelwechsel an die offensiv kaum weniger qualifizierten Herren Dembelé und Hakimi? Diese beiden offenbarten in der Schlussphase Defizite in ihrer nervlichen Konstitution, was durch Reklamationen und vogelwilde Schubsereien nah an der Rudelbildung allen offenbar wurde, die das nicht sehen wollten. Soll sich doch der qatarische Emir damit rumärgern.
Eine Pointe der Geschichte wäre jetzt noch, wenn der Fussballlehrer Thomas Tuchel, in Dortmund schon 2017 vom Hof gejagt, und im süddeutschen Raum faktisch jetzt auch schon, nun zum zweiten Mal die Champions League gewinnen sollte. In einem Finale zweier Teams, die im deutschen Ligafussball dieses Jahr versagt haben. Brauchen die Deutschen noch die EM, wenn sie schon die CL unter sich ausmachen? Wer und was soll deutscher Weltherrschaft dann noch im Wege stehen?
Aber Moment: morgen muss in Madrid noch gespielt werden. Wahrscheinlich ist da was Anderes. Wie es heute war.
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