Falsche Annahmen über Mrs. Harris, deutsches Wahlrecht und Türkeiurlaub
Wer oberflächlich durch deutsche Medien surft, könnte glauben, die US-Präsidentschaftswahl sei durch Kamala’s Lachen so gut wie entschieden. Falsch. Entscheidend is auf’m Stimmzettel, und zwar in den sechs oder sieben Swing-States. Verwechseln Sie das Folgende bitte nicht mit Wahrsagerei. Es ist nur eine Bestandsaufnahme, die ganz anders aussieht, als deutsches Clickbaiting und seine Schlagzeilen.
Nach aktuellem Umfragenstand liegt nicht Mrs. Harris vorne, sondern Mr. Trump. Nicht uneinholbar. Aber das zu ändern ist ein fettes Stück politischer Kampagnen- und Agendasetting-Arbeit, und mit Lächeln und professioneller Rhetorik nicht erledigt.
Entscheidend sind die Swing-States. Auch hier sieht es für Mrs. Harris nicht gut aus. Aber auch noch nicht aussichtslos. Im Gegenteil: spannend, wie immer. “Der Star ist die Mannschaft”, wusste schon Bundestrainer Berti Vogts. Was ist ihre Botschaft? Und wie wird sie vorgetragen? Das Spiel ist zuende, wenn die*der Wähler*in abpfeift.
Von der unterdrückten Minderheit der Männer wird traditionell das politische Gewicht der Frauen-Mehrheit unterschätzt. Dass Frausein nicht ausreicht, das hat 2016 Hillary Clinton bewiesen und der Welt den Präsidenten Trump beschert. Die Falle für Trump und seine Evangelikalen-Fans ist die Abtreibungsfrage. Will eine Frau einen Präsidenten wählen, der ihr vorschreibt, dass sie eine Schwangerschaft auszutragen hat? Nein, das wollen auch und gerade Ehefrauen und Mütter in reaktionären Vorstadtfamilien eher nicht – und die Wahl ist geheim, auch vor dem Ehemann. Die Trump-Fans der polnischen PiS kennen diese Falle. Der Bauch ist näher, als Hemd oder Rock, Schusswaffe oder Auto … Viele Männer verstehen das nicht.
Entscheidend für Mrs. Harris könnte werden, das richtige Mass an Militanz zu finden. Angst wäre hier die schlechtere Beraterin.
Was ist ein*e gute*r Jurist*in?
147 MdBs, gut 20%, haben angeblich erfolgreich ein Jurastudium absolviert. Der Laie denkt: wenn die sonst nichts können, können sie wenigstens Gesetze schreiben, was ja ihre verfassungsmässige Aufgabe ist. Darum heissen sie ja “Gesetzgeber”. Schade eigentlich, dass fast nichts davon stimmt. Die Gesetzentwürfe werden in Ministerien geschrieben, meistens. Und, wie sich nun beim Wahlrechtsurteil des Bundesverfassungsgerichtes zum x-ten Mal erwies, sind sie oft grosser, missionarisch politisierter Mist.
Wer die Linke und die CSU loswerden will, muss sich weniger dumm anstellen. Bemerkenswert: der Gewinn eines Direktwahlkreises mit 30 oder noch weniger Prozent beschert nicht automatisch ein Bundestagsmandat. Die eigene Partei muss dafür schon genügend Zweitstimmen erhalten – sonst nützt es nichts – Überhang- und Ausgleichsmandate sind abgeschafft. Jedenfalls, so lange die CDU/CSU keine gesetzgeberische Mehrheit hat.
In der Türkei sind massenhaft Zimmer frei
Für ihre Einwohner*innen ist die Türkei zu teuer geworden. Auf die Inflation droht eine Pleitewelle zu folgen. Erdogan ist es wurscht, denn die an der Küste haben ihn sowieso nie gewählt. Versuchen Sies doch mal mit Lastminute.
Jürgen Gottschlich/taz: “Preisgefälle im Tourismus: Türkei zu teuer für Türken – Die Türkei ist kein Billig-Reiseland. Grund dafür ist die anhaltende Inflation. Mit Express-Visa reisen viele lieber zu griechischen Inseln.”
Als ich schrieb, “dass Kamala so weit vorn liegt” – meinte ich nicht etwa die Wahlumfragen gegen Trump, sondern lediglich das Phänomen, dass sie trotz dem Zögern Obamas und anderen Granden der Demokraten bei den innerparteilichen Rivalen uneinhholbar weit vorn liegt. Ihren Wahlkampf hat sie in der Tat noch vor sich – aber die Zahlen, die ja auch Petra Erler in ihrem super informativen Artikel dargestellt hat, werden sich zugunsten der Demokraten ändern, da bin ich sicher. Sie muss die “weder Trump, noch Biden” Wähler gewinnen, die Frauen mobilisieren und den richtigen Vizepräsidenten installieren – und auf böse Fallen der Parteifreund*innen achten. Ein bisschen wie in meinem dritt-liebsten Film: “Le Mans 66 – gegen jede Chance!”