Das “Bambi” im Bundesfinanzministerium

Das Bundesfinanzministerium ist eine oberste Bundesbehörde mit immer noch zwei Dienstsitzen – Berlin und Bonn. Der entsprechende Minister (eine Ministerin gab es bislang noch nicht, obgleich es stets Frauen in der Politik gab, die die Aufgaben an der Spitze des BMF bestens erfüllt hätten) erledigt seinen Job in eigener Verantwortung, er ist dabei für die „strategische Gestaltung und Koordination von Politikfeldern, die Realisierung von politischen Zielen“ etc. zuständig und er hat seine Aufgaben so wahrzunehmen (Paragraf 3 Absatz 3), „dass die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung gewährleistet ist und sich nach außen ein einheitliches Erscheinungsbild ergibt.“

Gemessen daran nähert sich der amtierende Minister einer Lachnummer, obgleich er, wie die grandiose Spiegelredakteurin Barbara Schmid einmal schrieb, seine Magisterarbeit dem Thema gewidmet hatte: „Kann die Finanzverfassung reformiert werden?“ Damals, Schmid weiter, sei er in der NRW-FDP unter der Bezeichnung „Bambi“ gelaufen.

Von einer strategischen Ausrichtung der Bundes-Finanzpolitik kann keine Rede sein. Lindners Politik richtet sich an der Auffassung einiger konservativer Finanzwissenschaftler aus. Diese haben keine Lösungen anzubieten, die die Finanzierung von Zukunftsaufgaben möglich machen – als da wären:

– Der ökologische Umbau der drittstärksten Volkswirtschaft unseres Planeten,

– Sicherung eines hohen Einkommensniveaus als Voraussetzung für Leistung und die Realisierung sozialer Rechtsansprüche (Klammer auf: das Wort soziale Rechtsansprüche kommt im Wortgebrauch der wie Lindner Denkenden kaum vor. Klammer zu),

– Befähigung zur internationalen Abwehr von Kriegen und Krisen.

Nichts davon bekommt der amtierende Finanzminister „auf die Reihe“. Was er anbietet, das ist eine „Krämerseelen“-Politik.

Seine jüngste Volte ist im Sinne Machiavellis durchaus beachtenswert: Einem Haushaltsentwurf zustimmen, der aus der Not heraus die Umwidmung von ausgabenwirksamen Verpflichtungen vorsieht; dann eine Prüfung derselben ankündigen; dann diese Prüfung bei den „richtigen“ Leuten bestellen; das kritische Prüfergebnis zur Unzeit in die Öffentlichkeit bringen. „Bambi“ hat sich verwandelt.

Meint der Finanzminister wirklich, er steuere so eine neue Lösung für Haushaltsprobleme an – oder bettelt er so um den Rauswurf. Es wird spannend.

Über Klaus Vater / Gastautor:

Klaus Vater, geboren 1946 in Mechernich, Abitur in Euskirchen, Studium der Politikwissenschaft, arbeitete zunächst als Nachrichtenredakteur und war von 1990 bis 1999 Referent der SPD-Bundestagsfraktion. Später wurde er stellvertretender Sprecher der deutschen Bundesregierung. Vater war zuvor Pressesprecher des Bundesministeriums für Gesundheit unter Ulla Schmidt, Sprecher von Arbeitsminister Walter Riester, Agentur-, Tageszeitungs- und Vorwärts-Redakteur. Mehr über den Autor auf seiner Webseite.