Bei Fragen der Sicherheitspolitik werden im WDR 5 (zu anderen Sendebereichen kann ich nichts sagen, weil ich mir die nicht oder nur sehr selten anhöre) häufig die Wissenschaftler oder Fachleute der “Stiftung Wissenschaft und Politik” befragt, wobei die Stiftung nicht weiter vorgestellt wird. Man könnte sie also für eine vorwiegend wissenschaftlich arbeitende und unabhängige Stiftung halten. Ihre Gründung, so ist in Wikipedia zu erfahren, “geht auf eine Initiative des Bundesnachrichtendienstes (BND) zurück.”

Die besondere Nähe zur Bundesregierung wird in WDR 5 ebenso wie auch zum Beispiel im Deutschlandfunk meistens verschwiegen. Dabei erhält die SWP “eine institutionelle Zuwendung, die durch den Deutschen Bundestag beschlossen und aus dem Haushalt des Bundeskanzleramtes, Kap. 0410 Tit. 685 11, gezahlt wird.” Zitiert von der Homepage der SWP.

Ich habe mehrfach als Hörer in Anrufen und auch in mehreren Emails verlangt, dass auf diese direkte Abhängigkeit vom Bundeskanzleramt verwiesen wird. In Sicherheitsfragen werden meistens Beamte und sehr gerne Bundeswehrangehörige als “Fachleute” präsentiert, die ihre Sicht der Dinge als vermeintliche “Wahrheit” verbreiten können.

Militär erklärt, was Desinformation ist

So wurde beispielsweise am (31.7.2024) im “Tagesgespräch” zur geplanten Raketenstationierung einem jungen Bundeswehr-Offizier – von der Moderatorin unwidersprochen – die Möglichkeit geboten, einem älteren Diskussionsteilnehmer, der über fundiertes Wissen verfügte, dessen Darstellung als “Desinformation” zu diffamieren. Da hätte die Moderatorin eingreifen müssen. Aber Bundeswehr-Offiziere als Fachleute für alles militärische werden im WDR gerne genommen, auch dort, wo wissenschaftlicher Fachverstand sinnvoller wäre. Ich wünsche mir mehr Hintergrundberichterstattung im Regelprogramm und wieder Nachrichten, die diese Bezeichhung auch verdienen. Weniger Staatsnähe, mehr Vorbereitung der Moderatoren, die sich, mangels eigener Sachkenntnis zu den eingeladenen “Fachleuten” retten. Meine Beschwerde richtete ich dieses Mal an den WDR-Rundfunkrat. Die WDR 5-Redaktion fand es nämlich nicht nötig, mir mehr als eine Art Eingangsbestätigung als Antwort-Ersatz zu schicken. Das Büro des Rundfunkrates wiederum leitete meine Beschwerde an die Publikumsstelle der Intendanz weiter. Ich erhielt nun eine Antwort der für das „Tagesgespräch“ auf WDR 5 zuständigen Redakteurin.

Finanzierung soll künftig genannt werden

Sie schrieb mir: “Ja, wir nutzen gerne die Expertise der Stiftung Wissenschaft und Politik, die einen ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf hat, was auch beinhaltet, in der Forschung unabhängig zu sein. Trotzdem gebe ich Ihnen völlig recht, dass die Finanzierung einer Stiftung immer mit kommuniziert werden sollte. Wir werden das noch konsequenter berücksichtigen…” Genau das wollte ich ja mit meiner Beschwerde erreichen, dass klar gesagt wird, wer da in wessen Auftrag bezahlte Kriegs-Propaganda absondert und wer uns da als vermeintlich unabhängiger Wissenschaftler präsentiert wird. Im Tagesgespräch am 31.7.2024. war es Korvettenkapitän Helge Adrians, M.A. Dazu die zuständige Redakteurin: “Für unsere Hörerinnen und Hörer laden wir jeden Tag in das Tagesgespräch einen Gast ein, der zum einen eine klare Haltung zu einem kontroversen Thema hat, zum anderen auch fundiertes Wissen in die Diskussion mit den Hörerinnen und Hörern einbringt. Fachleute, die ‘Unfug’ verbreiten, habe ich in diesem Kontext noch nicht erlebt. In dem ‘Tagesgespräch’ vom 31. Juli hat sich der Militärexperte Helge Adrians im Gespräch mit dem Hörer Rudi Derharke auf einen Kostenvergleich der Rüstungsetats von Russland und Deutschland bezogen. Unser Hörer hatte die Zahlen aus einer Veröffentlichung des ‘Spiegel’ zitiert. Nach meinem Eindruck hat Helge Adrian nicht die Äußerung des Hörers, sondern die so veröffentlichen Zahlen als ‘Desinformation’ bezeichnet, weil jegliche Aufschlüsselung fehle, wofür die Milliarden benutzt werden (Verwaltung, Sold, Forschung, Rüstung….).”

Der Spiegel verbreitet also “Desinformation” und der Bundeswehr-PR-Mann verbreitet die reine Wahrheit und Wissenschaft. Unser Fachmann fürs Töten fremder Menschen in fernen Ländern erklärt in seinem Kurzlebenslauf, was er schon so gemacht hat. Seiner Darstellung zufolge, war er “zuletzt eingesetzt im Hauptquartier der Naval Striking and Support Forces NATO (STRIKFORNATO) in Portugal” und hat an “mehreren maritimen Einsätzen und Aktivitäten im NATO- und EU-Rahmen an Bord deutscher und ausländischer Kriegsschiffe sowie an Land” teilgenommen “

Ein echter Fahmann eben. Dieser Logik folgend könnten künftig Vertreter von Südzucker für die Folgen von Süssigkeiten informieren und Matthias Berninger wird uns erklären, warum Glyphosat für die Insekten so gesund ist. Berninger ist bei Bayer dafür zuständig, also auch ein echter Fachmann.

Die Stiftung Wissenchaft und Politik darf seit einige Zeit auch Drittmittel einfordern. Zwar deckt die institutionelle Zuwendung – durch das Bundeskanzleramt – zu 100% die Kerntätigkeit der SWP. Aber es gibt auch Sponsoren. Erwähnt werden auf der Homepage der SWP als “Förderinnen und Förderer” British Petroleum Europa SE, Mercedes-Benz Group AG, der DAAD und die Deutsche Bank.